MY MERRY MACHINE – Days of Doom (2025)
(9.910) Olaf (4,0/10) Heavy Metal
Label: El Puerto Records
VÖ: 31.10.2025
Stil: Heavy Metal
Ich gebe es zu: Wenn El Puerto Records mit einem Grinsen ruft, komme ich in der Regel freudig angetrabt. Ich mag das Label, ich mag die Leute, und ja – ich mag auch Matt. Also sitzt man da, trinkt den dritten Kaffee, hört My Merry Machine schon zum x-ten Mal und denkt: „Verdammt, ich will das mögen… aber mein Gehör rebelliert wie ein Rentnerchor gegen Blastbeats.“ Und dennoch, weil ich Mails mit „Bitte mach das Review“ nicht ignoriere: Hier bin ich. Und hier ist das Ergebnis.
Süddeutschland, 2018 – aus den Überresten von BLOODFLOWERZ entsteht ein Trio, das volle Kontrolle über sein musikalisches Schicksal beansprucht. DIY bis zur letzten Sequenz, von Artwork bis Video – Respekt dafür. Keine Kompromisse, volle Vision, volle Verantwortung. Das klingt nach Leidenschaft, nach Herzblut, nach musikalischer Selbstbestimmung – und genau diese Authentizität schimmert durch das Album wie ein Scheinwerfer durch Nebel. Und das meine ich ehrlich.
Nur leider wirkt Days of Doom auf mich eher wie ein zu ambitioniertes Science-Fair-Projekt: beeindruckende Idee, viel Fleiß, aber im Endeffekt explodiert der Vulkan aus Backpulver und Essig eher quer über den Pausenhof, statt majestätisch zu speien. Laut Sheet servieren My Merry Machine eine Mixtur aus Modern Metal, Melodic Death Metal und Alternative – und ja, all das hört man. Und Industrial-Flair. Und Elektro-Ambition. Und dann stellenweise wieder melodische Gothic-Schwinger, um dann plötzlich wie ein Death-Biest aus der Hecke zu springen. Gefühlt 120 Stile, mit der Hau-Ruck-Methode miteinander vermengt: „Alles rein in den Mixer – wird schon geil!“ Spoiler: wird’s nicht automatisch.
Und das Schlimme ist: einzelne Momente sind wirklich stark. Kirsten kann brüllen, und wenn sie das tut, denkt man: „Jo, DAS hätte ich gern öfter!“ Doch dann schleicht sich plötzlich dieser monotone Singsang rein, der die Energie wie ein nasser Schwamm von der Gitarrensaite saugt. Elektronische Beats prallen auf deathige Riffs, als ob sich zwei Windows-Programme gleichzeitig aufgehängt hätten. Die Produktion wirkt bemüht fett und modern, aber durch die stilistische Zerfaserung verliert das Gesamtbild Schub, Spannung und – ja – Glaubwürdigkeit. Das Album will viel, vielleicht zu viel.
Ich schätze Mut, wirklich. Und ich schätze Bands, die sich nicht festnageln lassen wollen. Aber der Mix wirkt stellenweise eher nach Identitätskrise als nach Vision. Wenn in einem Moment die Doublebass rollt und im nächsten ein futuristischer Dancefloor-Beat einsetzt, während dazu ein Spoken-Word-Part ins Niemandsland murmelt, bin ich irgendwann raus. Und zwar nicht nur gedanklich – der Finger schwebte mehrfach Richtung Skip-Taste wie ein Raubvogel über der Wüste. Und ja – irgendwann ging mir diese Wundertüten-Ästhetik auch einfach… tierisch auf die Eier.
Trotzdem: My Merry Machine sind erfahren, talentiert und unabhängig – und das hört man. Es gibt hier Leidenschaft, Ambition und Know-How. Aber eben auch den Beweis, dass „viel Können“ nicht automatisch „gute Kohärenz“ bedeutet. Ich wünschte, dieses Album hätte einen klareren roten Faden, weniger Stil-Collage und mehr Mut zur Reduktion. Denn das Potenzial ist definitiv da – nur das Ergebnis wirkt wie ein Film, in dem zehn Regisseure gleichzeitig drehen wollten.
Am Ende bleibt ein Album, das ich wirklich gerne richtig abgefeiert hätte. Stattdessen habe ich es durchgestanden mit gelegentlichen Lichtblicken und viel Stirnrunzeln. Und ja – ich höre mir das nächste trotzdem wieder an, denn wer so viel Wille, DIY-Stärke und Persönlichkeit zeigt, der verdient eine Chance. Vielleicht ist Days of Doom einfach ein mutiger Schritt auf einem Weg, der noch wohin führen kann. Ich hoffe es – ehrlich.
Bewertung: 4,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. From another World
02. I will confess
03. Godo f Destruction
04. Monster inside
05. Until the End
06. Funeral March
07. The Morning after

