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ANCIENT BARDS – Artifex (2025)
(9.523) Phillip (4,5/10) Epic Symphonic Metal

Label: Limb Music
VÖ: 21.04.2025
Stil: Epic Symphonic Metal
Schwadronierte ich jüngst noch davor demnächst wieder in England zu urlauben, so hat uns unsere gut 30 Jahre alte Gastherme einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein neues Gerät kostet doch ein paar Mark mehr und bringt uns zur Überlegung vielleicht doch mal nach Italien zufahren, soll ja auch schön da sein. Musikalisch interessant könnte es obendrein auch werden, je nach dem, wie man sich da orientieren möchte. In Sachen Metal jedenfalls wird den Italienern und Italienerinnen nachgesagt, dass es nur zwei mögliche Spielwiesen auf Europas Schuhwerk gibt: Horrorfilm-preisenden Death Metal der maximal stumpfen Sorte wie Fulci oder Tenebro oder eben brutalst zuckrigen Epic Heavy Metal, gerne auch gewandet in neoklassischer Garderobe.
Letzteres ist (leider) bei Ancient Bards der Fall, kaum zu glauben bei diesem Bandnamen, ich weiß. Nun denn, kurz geschüttelt, den Objektivitätshelm aufgesetzt und rein in den Zuckerguss – nachdem ich mir die mitgelieferte Biografie durchgelesen habe und nicht schlecht staunen musste: es wird was von Ayreon-ähnlicher spiritueller Ebene gefaselt und von einer epischen (natürlich!) Geschichte um das Black Chrystal Sword geschwärmt.
Monumental orchestral, gleich einem Trailer für ein bombastisches Open-World-RPG, geht’s los bis der Erzähler uns kurz die handelnden Personen vorstellt, sich umgehend in Superlativen vergreift und das erste Mal das zu hören ist, was mich in den folgenden 60 Minuten komplett in den Wahnsinn treiben wird – der Bass Drop. Punktuell eingesetzt ein wirkungsvolles Stilmittel um, insbesondere wie hier im Erzähler-Intro, einen dramatischen Effekt zu erzeugen, aber muss der Soundeffekt in praktisch jedem Song, auch gerne mehrfach, benutzt werden?

Herr Mazza, seines Zeichens verantwortlich für die Orchestrierung, zeigt so nicht unbedingt kompositorisches Geschick. Und wenn wir schon dabei sind, arbeiten wir uns mal an den anderen Instrumenten und Stimmen ab: Die Gitarren hört man meist lediglich im Solo heraus, da Orchester und Keyboard vordergründig den meisten Raum einnehmen. Der Bass macht meist sein eigenes Ding, klingt in den besten Momenten allerdings wirklich ausgezeichnet und rettet mich ein ums andere Mal aus dem Orchestersumpf. Die Drums mimen den italienischen Highspeed-Dreschflegel und treiben unnötig schnell die herausragende Sängerin Sara Squadrani vor sich her. Die macht ihren Job, besonders in den epischen, hohen Passagen so gut, dass sie hauptverantwortlich ist wenn ich mich in den schöneren Momenten von “Artifex” in einem Disney-Musical wähne.
Nicht nur einmal, zum Beispiel in “Ministers Of Light”, schien hier Wicked Pate gestanden zu haben, ferner davon auch Greatest Showman in “Sea Of Solitude”. Aber ach, es muss ja in dieser Art von Musik noch den miesepetrigen Konterpart geben, die Growl-Stimme, die aber auch wirklich alles an mühevoll aufgebauter Atmosphäre sofort ins Groteske überführt. Hört euch den Einsatz dieser tieferen Stimmen in “The Vessel” an und versucht NICHT zu lachen. Da kann auch ein für das Album rekrutierter, 42-köpfiger Chor nichts mehr retten – das ist Comedy Gold!
Ich habe jetzt noch einmal den Objektivitätshelm gecheckt – sorry – der lief irgendwie nur auf 15%. Der Regler ist inzwischen von mir nach oben korrigiert worden und, mit dem Hintergedanken, dass es Menschen geben wird die diese Art Musik mögen komme ich zu dem Urteil, dass die Produktion knallig poppig, das Songwriting durchaus abwechslungsreich (den Bass Drop klammere ich hier generös aus) gestaltet und die Instrumente kreativ eingesetzt wurden. Die Stimme von Sara Squadrani ist, meines Erachtens, der tragende Faktor des Albums, wird aber viel zu oft vom Schlagzeug gehetzt. Daraus ergibt sich die oben und unten abzulesende Punktzahl. Fazit: Wem Tarja-Nightwish zu grindig klingt UND wer gerne Diabetes aurikulär eingeführt bekommen möchte, dem wünsche ich hier viel Spaß!
P.S.: Da wir vorhin grad bei Comedy-Gold waren: Das Outro ist an pseudo-epischer Mittelalter-Käsigkeit nur ganz schwer zu übertreffen!
Anspieltipp: “My Prima Nox”, “Ministers Of Light”
Bewertung: 4,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Luminance and Abyss
02. My Prima Nox
03. The Vessel
04. The Empire of Black Death
05. Unending
06. Ministers of Light
07. Proximity
08. Soulbound Symphony
09. My Blood and Blade
10. Mystic Echoes
11. Under the Shadow
12. Sea of Solitude
13. Artifex