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ELVENKING – Reader Of The Runes - Luna (2025)
(9.537) Karsten (7,5/10) Pagan Metal

Label: Reaper Entertainment
VÖ: 11.04.2025
Stil: Pagan Metal
Das vorliegende Album stellt anscheinend den krönenden Abschluss einer Trilogie von zusammenhängenden Konzeptalben dar. Das nenne ich mal ambitioniert, hoffentlich geht das nicht schief. Auch wenn der Pagan- und Folk-Bereich jetzt nicht mein angestammtes Genre sind, bin ich jetzt doch neugierig geworden.
Der Opener Season Of The Owl hat erstmal alles, was es so braucht: Power, Melodie, treibende Drums, solide Gitarrenarbeit – alles da. Für mich ehrlich gesagt unerwartet viel Power Metal in der ersten Hälfte für das Pagan-Metal-Genre. Insgesamt hat der Song eine gute Produktion, ist aber vielleicht etwas zu glatt. Könnte sein, dass die Band hier versucht, zu viel in einen Song hineinzudrücken.
Der Titelsong Luna punktet auch wieder mit einem höheren Tempo, guten, wenn auch in Teilen etwas simplen Melodien, hat aber leider wieder diese Tendenz zur Überproduktion. Bei Gone Epoch hört man auch den Folk-Anteil mal etwas häufiger heraus. Insgesamt finden sich hier gute Einzelleistungen der beteiligten Musiker, letztendlich ist das Ganze aber irgendwie nicht harmonisch oder aus einem Guss.
Stormcarrier überrascht – ist er doch ein geradliniger Song mit Growling und etwas mehr Schmackes – das gefällt. Insgesamt wurde hier alles einfacher gehalten, der Song hat nicht so einen Tonspurenoverkill wie die vorherigen Songs und ist damit meistens deutlich wirkungsvoller. Auch die Melodien verfangen ziemlich gut, auch wenn im Hintergrund ein einsamer Xylophonspieler oder sowas verloren im Nebel vor sich hin klötert – losgelöst von allen anderen Melodien. Im Ganzen gut, im Detail dann aber unnötig und etwas befremdlich.
Das folgende Starbath bietet erstmal nichts Neues, die bisherigen Qualitäten und Kritikpunkte wiederholen sich, in Teilen scheint der Sänger etwas überfordert – besonders mit den hohen Tönen. Warum bleibt der Gute dann nicht einfach bei den Mitten? On These Haunted Shores bietet einen guten Einstieg, der etwas temperamentvoller ausfällt, bietet ansonsten aber nur den üblichen bombastischen Mix mit etwas zu vielen Zutaten, was die Wirkung der einzelnen Instrumente und Akzente leider deutlich schmälert. Auch The Ghosting passt gut rein, ist aber nichts Besonderes. Nicht schlecht, aber eher Filler als ein Killer.
Throes Of Atonement hat man so auch schon mal gehört – das ist einfach handwerklich gut gemachte Massenware. Kann man hören, hat aber auch wieder diesen Hang zum „Darf es noch etwas mehr sein?“ bei der Produktion. Den Fans wird’s sicher trotzdem gefallen. Bei The Weeping verliert sich der Song nach einem guten Intro dann aber wieder im bekannten und ausreichend reproduzierten Soundteppich, der wie gehabt in Teilen etwas zu dicht gewebt wird. Weniger wäre hier mehr gewesen. Der Song ist an sich gut, leidet aber leider am „zu viel“.

Als bombastischer Endpunkt dieses Albums und der eingangs erwähnten Trilogie von Konzeptalben erwartet uns nun Reader Of The Runes – Book II. Hier soll offenbar alles noch einmal in die Waagschalen geworfen werden, um allem davor in jeder Hinsicht die Krone aufzusetzen. Ein kleiner Teil des Chorus bei 1:20 erinnert von der Gesangslinie her verdächtig stark an MADONNAs La Isla Bonita – falls das beabsichtigt war, dann wäre das ein sehr unerwartetes musikalisches Zitat – oder ein kapitaler Hirnfurz von mir (nicht auszuschließen). Edit: Meine Frau hört das auch raus, kann also nicht nur an mir liegen. Ansonsten findet man hier quasi alle vorherigen Songs zusammengepresst in einem monumentalen Schlusspunkt.
Fazit: Das Album ist gut, hätte aber deutlich besser sein können. Viele Übergänge funktionieren nicht, insgesamt wirkt das Werk wie ein Flickenteppich aus Bombast, guten Riffs und Füllwerk in allen Ecken. Spannung kann sich so nicht aufbauen, wenn gute Riffs zugunsten des Bombasts einfach abgesäbelt werden. Der Sänger liefert eine durchaus gute Arbeit ab, wäre aber wohl besser bei einer Hardrockband aufgehoben. Hier mangelt es einfach in Teilen an der Harmonie zwischen Gesang und Instrumentaltruppe und nicht alle Töne werden sauber getroffen. Unterm Strich fühlt sich alles sehr gezwungen und steif an, etwas mehr Lockerheit und Spielfreude wäre auch für den Hörer angenehmer.
Vorbilder wie RHAPSODY oder SKYCLAD sind durchaus erkennbar, am Ende übernehmen sich ELVENKING jedoch, wollen zu viel gleichzeitig und verlieren sich im Detail. Der Overkill bei der Produktion und die überbordende Zahl an Tonspuren mindern das Hörerlebnis und damit die Wirkung dieses Albums beträchtlich. Die Band ist also zumindest teilweise an den eigenen überhöhten Ambitionen gescheitert. Schlimm? Mitnichten, sie haben es zumindest ernsthaft versucht. „Schade“ triffts eher. Das Album ist aber trotzdem gut geworden, wenn auch wohl nicht der von der Band erhoffte große Wurf.
Gewagt finde ich in diesem Zusammenhang den Promotext, der ELVENKING nicht nur mit IRON MAIDEN, BLIND GUARDIAN oder IN FLAMES vergleicht, sondern zu allem Überfluss auch noch als – ich zitiere – „natürliche Thronfolger von Metal-Hohepriestern wie HELLOWEEN, AVANTASIA“ ausruft. Sorry, Leute – was habt Ihr denn geraucht? Ich will auch was von dem Kraut.
Anspieltipps:
🔥Luna
☠️Stormcarrier
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Season Of The Owl
02. Luna
03. Gone Epoch
04. Stormcarrier
05. Starbath
06. On These Haunted Shores
07. The Ghosting
08. Throes Of Atonement
09. The Weeping
10. Reader of the Runes - Book II