HELSTAR – The Devil’s Masquerade (2025)
(9.800) Olaf (7,5/10) US Power Metal

Label: Massacre Records
VÖ: 12.09.2025
Stil: US Power Metal
Texas, Hitze, Neonlichter – und irgendwo in Houston sitzt HELSTAR und zieht wieder diese eigenwillige Mischung aus Power, Speed und Horror aus dem Hut. Elf Alben später betritt „The Devil’s Masquerade“ am 12. September 2025 die Bühne, und schon die ersten Takte riechen nach Rückbesinnung: James Rivera und Larry Barragan arbeiten wieder im Zweier-Ping-Pong, wie in den alten Tagen. Man hört das: die Riffs greifen passgenau in die Gesangslinien, die Arrangements sind sauber sortiert, nix wirkt zufällig. Gleichzeitig ist da diese gepflegte Studioglätte, die mir das Grinsen etwas bändigt – dazu später mehr.
HELSTAR waren für mich immer dann am stärksten, wenn der melodische Zugriff mit echtem Biss kollidierte: Burning Star, A Distant Thunder, natürlich Nosferatu – all das hat Spuren hinterlassen. Diese DNA blitzt auch hier auf. Schon Avernus öffnet als düsterer Vorhang, bevor der Titeltrack die Pforten aufstößt: flotte Läufe, ein markanter Refrain, Soloarbeit mit Schmackes. Rivera singt in seiner ganz eigenen Liga – dieses leicht theatralische Vibrato, die mühelosen Höhen, das zielgenaue Artikulationsmesser; der Mann ist nach wie vor ein Pfund. Barragans Gitarrenarbeit ist filigran und schnörkellos zugleich, und man spürt, wie sehr er das Heft in der Hand hat: produziert und gemischt in seinen Hombre Malo Studios, fein poliert und dann von Robert Colwell gemastert. Das Ergebnis: kraftvoll, transparent – und mir manchmal zu glatt.
Textlich lebt die Platte komplett im HELSTAR-Kosmos: Vampirismus, dämonische Besessenheit, Schuld und Sühne, Spiegel als Pforten zur Finsternis, schwarze Mauern, durch die die Menschheit in Richtung Abgrund stolpert. Man merkt, dass die Songs sich an Grusel-Mythos und Popkultur reiben – moderne Horrorfilme, Serien-Darkness, ein Hauch Twilight Zone – aber eben verarbeitet in dieser altgedienten HELSTAR-Symbolik. Besonders spannend: I Am The Way als texanischer All-Star-Chor; statt einer protzigen „Feat.“-Nummer entsteht eher eine Szene-Beschwörung – viele bekannte Stimmen, die Rivera umkreisen, verstärken, in den Schluss heben. Das ist respektvoll gelöst und gibt dem Finale ein eigenständiges Profil.

Musikalisch pendelt „The Devil’s Masquerade“ elegant zwischen gallopierendem Power Metal, thrashigeren Flanken und atmosphärischem Midtempo. Stygian Miracles funktioniert als großer, kantiger Hookträger – ein Stück, das die Balance zwischen Griffbrett-Flair und Ohrwurm sehr sicher hält. The Staff Of Truth arbeitet mit klaren Motiven, baut smart Druck auf und lässt die Gitarren sprechen, bevor Rivera den Refrain setzt; so mag ich HELSTAR am liebsten. The Haunting Mirror schiebt ein paar wirkungsvolle Schatten über das Tempo, The Black Wall hat dieses eindringliche Stampfen, das live verlässlich Nacken zieht, und Suerte De Muleta bringt eine leicht andere Farbe in den Fluss, ohne aus dem Rahmen zu kippen. Insgesamt: handwerklich stark, spielerisch satt, Kompositionen mit Sinn für Dramaturgie.
Und jetzt die Kröte, die ich nicht herunterbekomme: So sehr ich HELSTAR schätze und so sicher die Band hier liefert – der Funke springt bei mir diesmal nicht komplett über. Die Songs sind da, die Performance sitzt, aber ich erwische mich öfter dabei, wie ich das Handwerk bewundere statt vor Begeisterung die Fäuste in die Luft zu reißen. Das hat viel mit der Produktion zu tun. Barragan hat einen Mix gezimmert, der jede Nuance ausleuchtet, jede Attacke auf Linie bringt – das klingt modern, satt, durchsetzungsfähig. Mir fehlt jedoch dieses Quäntchen Unberechenbarkeit, dieses Rascheln zwischen den Noten, das die Zähne zeigt und die Gänsehaut triggert. Stark gespielt, stark gesungen – aber mir fehlt die Patina, der Dreck, das Herzblut.
Fairerweise: Rivera ist in bestechender Form, und wenn man auf makellose, druckvolle US-Metal-Produktionen steht, wird man „The Devil’s Masquerade“ lieben. Die Themen sind HELSTAR pur, die Rückkehr der Rivera/Barragan-Chemie ist hörbar, und die Platte hat mehrere Momente, die hängen bleiben. Ich persönlich vermisse ein wenig die flackernde Gefahr – diesen Moment, in dem der Song die Kontrolle übernimmt und nicht umgekehrt. Vielleicht ist das der Preis, wenn man den Stier so fest bei den Hörnern packt.
„The Devil’s Masquerade“ ist ein kompetentes, stiltreues Kapitel im HELSTAR-Kanon, getragen von einem großartigen Sänger und einer Gitarrenhand, die weiß, was sie tut. Es leuchtet, glänzt, und setzt die Maske sehr gerade auf. Was mir fehlt, ist der Schweißabdruck darunter. Kultstatus bleibt unberührt, Respekt ohnehin – nur die ganz große Zündung bleibt diesmal aus.
Anspieltips
🔥Stygian Miracles
💀The Staff Of Truth
🎸The Devil’s Masquerade
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Avernus (Intro)
02. The Devil’s Masquerade
03. Stygian Miracles
04. Carcass for a King
05. The Staff of Truth
06. Seek out your Sins
07. The Haunting Mirror
08. The black Wall
09. Suerte de Muleta
10. I am the Way