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MALADIE – Symptoms V (2025)

(9.883) Olaf (9,9/10) Extreme Metal


Label: Apostasy Records
VÖ: 24.10.2025
Stil: Extreme Metal






Es gibt Dinge im Leben, auf die man sich verlassen kann: Die Steuererklärung kommt (die mache ich aber immer sofort im januar, nur mal so nebenbei…), das Bier wird warm, wenn man zu lange labert — und Maladie veröffentlichen jedes verdammte Jahr ein neues Werk. Ich schwöre, noch bevor mein Kalender umblättert, liegt schon wieder ein Päckchen in meinem virtuellen Briefkasten, und ich darf erneut versuchen, Synonyme für „kreativer Wahnsinn“ zu finden, ohne mich selbst zu kopieren. Der Köppler geht mir langsam wirklich auf den Sack. Und ja, Hauke – ich habe mein Versprechen nicht vergessen: kein Speichellecken diesmal, kein Zungenschlag der Ekstase, kein Review mit Heiligenschein. Ich bin hier, um endlich mal ehrlich zu sein.

Wenn ich Symptoms V höre, frage ich mich: Was soll der Scheiß eigentlich? Warum? Warum immer diese progressiven Verästelungen, diese harmonischen Stolpersteine, diese Arrangements, die aussehen wie ein Dali-Gemälde nach drei Absinth zu viel? Warum muss es Piano, Saxophon, Klavier, Flötengezwitscher und disharmonische Leckerlis geben, die mein Gehirn wie ein unkooperatives IKEA-Regal fordern? Warum müssen Köppler, Wenz, Déha, Peters, Spalvieri und Björns frisch angetraute Ehefrau Wiebke (Glückwunsch an dieser Stelle – möge eure Ehe weniger kompliziert sein als ein Maladie-Song) der Welt jedes Jahr ihre Seelenwindungen vor die Füße kotzen? Ich sage es Euch: weil sie es können. Und weil sie verdammt gut darin sind.

Man kann sich dieser Musik nicht einfach nähern wie einem Döner nach dem Saufen. Symptoms V ist kein Snack. Es ist ein fünfgängiges Menü aus musikalischer Dekonstruktion und emotionaler Grenzverletzung, garniert mit einer dicken Soße existenzieller Verzweiflung. Bereits in The Implacability of Time zieht sich die Schlinge zu: Der Text murmelt von der Unaufhaltsamkeit des Verfalls,– und während andere Bands an solchen Themen kläglich scheitern, fackelt dieses Kollektiv ein Fest der Vergänglichkeit ab, als wäre die Apokalypse ein launiger Sonntagsspaziergang.

Dann diese Saxophon-Passagen. Hauke, mein Freund, ich hab’s Dir gesagt: Wer in einem Black-Metal-Arrangement Saxophon spielt, gehört eigentlich mit kaltem Espresso getauft. Und doch: diese Linien, diese melancholischen Schleifen zwischen Riffwänden und Growl-Geknurre – sie machen das ganze Ding verdammt nochmal größer. Unerträglich gut größer.

Wenn Black Hole Weight in Our Hearts ein Gefühl transportiert, dann das einer zentnerschweren Depression, die sich wie ein kosmischer Amboss auf die Brust legt. Aus dem Pressetext klingt das alles nach “sonic embodiment of the weight of existence”. Aus meinen Kopfhörern klingt es nach der künstlerischen Version einer mittelgroßen Supernova, die jegliche Hoffnung in einem Strudel aus Blastbeats und zerfallenden Harmonien pulverisiert. Das Schlimme: Es funktioniert. Wie immer.

Procreation of a Dead God zieht das Tempo an, frisst sich durch scharfkantige Strukturen, während das Schlagzeugspiel präzise wie ein Skalpell durch die verschachtelten Arrangements schneidet. Déhas Vocals wühlen sich tief durch den Song, irgendwo zwischen Verzweiflung und bösartiger Ekstase. Diese Passage wirkt nicht wie bloßer Gesang, sondern wie ein Ritual – ein klanggewordener Akt aus Schöpfung und Zerstörung zugleich.

Das Absurde: je mehr ich mich darüber aufrege, je mehr ich dieses überkandidelte, komplexe, grenzenlose und verkopfte Machwerk sezieren will – desto mehr verliebe ich mich wieder in diesen Wahnsinn. Dieses ewige Spiel mit Grenzen, das Maladie seit 2009 aus Rheinland Pfalz so konsequent spielt, als gäbe es keine Alternative. Keine andere Band schreibt Arrangements, bei denen man gleichzeitig an eine Oper, eine Achterbahnfahrt und ein postapokalyptisches Inferno denken muss. Keine.

Ich wollte das Album wirklich schlecht finden. Ehrlich. Ich wollte meckern über den Größenwahn, über die Arroganz der Avantgarde, über den sakralen Bombast, der sich weigert, auch nur eine Note geradeaus zu gehen. Aber verdammt… Symptoms V ist einfach wieder ein Meisterwerk. Ironisch, unbequem, verstörend – und musikalisch so brillant, dass man auch beim 15. Durchgang noch neue Details entdeckt. Und all diese anderen Magazine, die jetzt wie frisch erleuchtete Propheten das Genie von Maladie preisen? Pech gehabt, Freunde. Wir waren vorher da. Schon immer.

Ich habe wirklich versucht, dieses Review ohne Lobhudelei zu schreiben. Ich habe geflucht, ich habe gestöhnt, ich habe Köppler innerlich verflucht. Aber das hier ist keine Musik, die man mal eben bewertet. Das hier ist eine Waffe. Ein Ritual. Ein akustischer Katalysator für Menschen, die gern im Chaos schwelgen. Maladie haben es schon wieder getan: alles zerlegt – und neu zusammengesetzt. Und wie jedes Mal: ich kapituliere.


Bewertung: 9,9 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. The Implacability of Time
02. Blck Hole Weight in our Hearts
03. Procreation of a dead God
04. Black Chamber within golden Walls
05. All shall see 



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