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PHANTOM CORPORATION – Time and Tide (2025)

(9.987) Olaf (9,4/10) Death Metal


Label: Supreme Chaos Records
VÖ: 12.12.2025
Stil: Death Metal / Crust






Der Bassist mit den schönsten Haaren seit Doro ist wieder mit seinen Mitstreitern am Start, und wo sich Rotten Sound auf ihrer aktuellen EP knapp neun Minuten gönnen, zelebrieren PHANTOM CORPORATION auf Time And Tide elf Songs lang das kontrollierte Gesichtsklatschen – präzise, politisch, roh und mit einer Leidenschaft, die man nur bekommt, wenn man sich seit Jahrzehnten im deutschen Underground den Rücken krumm gespielt hat.

Die Truppe aus Bremen, Dortmund und Umgebung, besetzt mit Veteranen aus Dew-Scented, Weak Aside, Slaughterday, Eroded und Obscenity, klingt auch 2025 wie eine eingeschworene Kommandoeinheit, die ihren Death/Crust-Hybridsound nicht nur begriffen, sondern verinnerlicht hat. Seit 2016 arbeitet diese Bande hart daran, eine Schneise in die europäische Extremmetal-Landschaft zu fräsen – Mini, EPs, Split, Debüt – und Time And Tide macht nun endgültig klar, dass der Begriff „Death Crust Commando“ hier keine Pose, sondern eine Ansage ist

Die Mischung aus rasendem Death Metal und Crust funktioniert besser denn je. Es ist dieser perfekte Sturm aus D-Beat, ruppigem Thrash und Death Metal, der weder modern noch retro sein will, sondern einfach nur: echt. Der Sound ist monströs, fett, aber differenziert, ohne Plastik, ohne Kompromisse. Leif brüllt in Hochform – was der Mann hier ablässt, grenzt schon an versuchter Körperverletzung. Sein Gebrüll würde jedes Raubtier zuverlässig in die Flucht schlagen. Zu all dem trägt einmal mehr die überragende Produktion des Herrn Uken bei, der diesem brutalen Hybriden den nötigen Wumms verleiht. Einmal mehr: Welldone!

Schon der Opener Frantic Disruption zeigt, dass es hier nicht einfach nur um Heavyness geht. Der Text spricht von einer Welt, in der Gewalt zur Währung geworden ist, eine „plague of epidemic greed“, während Leif in purer Verzweiflungswut immer wieder herauskotzt: „Sick of living this life / Sick of having to fight.“ Diese Mischung aus Rebellion und Resignation, gepaart mit brutaler musikalischer Raserei, ist die DNA des Albums.

Crushed setzt anders an – persönlicher, schmerzhafter. Suizidgedanken, Schuldgefühle, die Frage nach der eigenen Lebensmüdigkeit. „Suicidal ideation / The walls are closing in“ – selten wurde im extremen Metal so direkt formuliert, was sonst gerne hinter Abstraktionen versteckt wird. Die Musik dazu pendelt zwischen langsam mahlendem Druck und abrupten Todesstößen, wie ein Nervensystem, das kurz vor der Implosion steht. Noch stärker wird es politisch in Pound Of Flesh, einer Abrechnung mit Waffenhandel, Krieg und den Profiteuren, die den Tod als Geschäftsmodell pflegen. „No hope / no fucking hope / just war.“ Es klingt nicht wie eine Parole, sondern wie eine Bestandsaufnahme. Und musikalisch fährt die Band dazu das schwere Kriegsgerät aus: stampfend, rasend, alles überrollend.

To The Hilt bringt dann überraschend viel Trotz und Aufbegehren hinein. „Fear not the fake king’s hand / For truth will out“ – ein Satz, der wie ein Fanal gegen politische Schaumschlägerei wirkt. Der Refrain „United / These feet will march / These fists will fight“ ist das vielleicht klarste Statement des Albums: Zusammenhalt als letzte Waffe gegen den Dreck. Der Titeltrack Time And Tide wiederum hält einem den Spiegel vor. „Troubled times behind, darker times ahead … I’m so fucking tired.“ Diese Müdigkeit, dieses leise Eingeständnis des eigenen inneren Verschleißes, ist etwas, das nur Musiker transportieren können, die genug erlebt haben, um genau zu wissen, wie ehrlich Schmerz klingen muss.

For All The Wrong Reasons dreht dann das Messer noch einmal herum: Schuld, Scheitern, das Eingeständnis: „I did the deed, you paid the price.“ Keine Ausreden, nur bittere Feststellung. Musikalisch ein Wechsel aus Death Metal, Hardcore-Dringlichkeit und purer Selbstanklage. Und zum Abschluss zeigt Western Apocalypse einen Blick auf die Welt, der eigentlich niemandem fremd sein dürfte. Unterdrückung, verlogene Herrschaft, ein System, das seine eigenen Ideale verfeuert. „When justice is silenced, anguish remains.“ Der Soundtrack zum nahenden Untergang?

Was Time And Tide so stark macht, ist die Unbestechlichkeit seiner Haltung. Saufette Riffs, Brutalität en masse, Nackenschläge, aber niemals ohne Inhalt. Die Texte haben Gewicht, die Musik hat Haltung, und der Death/Crust-Hybridsound hat mehr Wucht als ein Kickboxturnier auf Speed. Hier stimmt so ziemlich alles. Und da ich kaum weniger Punkte geben kann als für das Debüt, gibt es eben ein Müh mehr.

Ein Muss für jede Jahresinventur in der Stammkneipe – natürlich mit Baseballschläger. Und ja, Ulf und seine sensationellen Haare sind ebenfalls Grund genug, das Album ins Regal zu stellen. Vielleicht nächstes Mal eine limited Box mit einer Strähne anbei…

Anspieltips:
💀Frantic Disruption
🎸Pound Of Flesh
🔥To The Hilt


Bewertung: 9,4 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Frantic Disruption
02. Dead of Night
03. Crushed
04. Krokodil
05. Pound of Flesh
06. To the Hilt
07. Time and Tide
08. Sorcerer
09. For all the wrong Reasons
10. Crisis
11. Western Apocalypse 



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