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HOUSE BY THE CEMETARY – Disturbing the Cenotaph (2025)

(9.989) Olaf (7,0/10) Death Metal


Label: Pulverised Records
VÖ: 12.12.2025
Stil: Death Metal







Rogga Johansson die Erste

Manchmal frage ich mich ja, ob Rogga irgendwann morgens aufwacht, auf die Uhr schaut und feststellt: „Mist, schon wieder drei Alben Rückstand!“ Der Mann ist positiv unnormal verrückt, was seine Produktivität betrifft – und ich meine das voller Sympathie. Wenn er nicht gerade Paganizer, Ribspreader, Revolting, Megascavenger oder eins seiner gefühlt 97 anderen Projekte füttert, dann klopft er gemeinsam mit Mike Hrubovcak und Thomas Ohlsson bei HOUSE BY THE CEMETARY die nächste Death-Metal-Platte aus dem Kellerstaub. Und glaubt mir: Der Keller muss gigantisch sein.

Ich mochte die Idee dieser „Supergroup“ schon immer – auch wenn Supergroup hier vor allem heißt, dass zwei Legenden des Undergrounds die Schaufeln schwingen, während im Hintergrund die Geister von Lucio Fulci applaudieren. Die Band benannte sich bekanntlich nach Fulcis 1981er-Kultfilm, und auch beim dritten Album Disturbing the Cenotaph bleibt der Blick fest auf VHS-Blutlachen, Splatter-Poesie und morbide Storys gerichtet. Hrubovcak malt die Albträume inzwischen nicht nur visuell, sondern auch textlich – und Felipe Mora hat für dieses Album ein Artwork erschaffen, das so schön ist, dass ich es mir glatt als Poster ins Schlafzimmer hängen würde… allerdings nur, bis meine Frau mir mit Auszug droht.

Der Pressetext beschreibt das Album augenzwinkernd als „HBTC auf Steroiden“. Ja, steroider klingt es – aber gleichzeitig auch „Rogga auf Autopilot“. Es gibt hier verdammt gute Riffs, keine Frage. Es rumpelt, es sägt, es knurrt – und doch beschleicht mich das Gefühl, all das schon hundertmal gehört zu haben. Die Überraschungsmomente sind so rar wie ein Gorefilm ohne Kettensäge. Und damit wären wir bei einem echten Problem: Der Sound. Der ist… nun ja… leise. Nicht schwach, nicht schlecht, aber so, als hätte jemand beim Mastering gedacht: „Death Metal ist ja laut genug, da kann man ruhig ein bisschen runterdrehen.“ Für so ein Album wäre ein „in-your-face“-Mix Pflicht gewesen, nicht „in-your-ear-and-fading“.

Thematisch macht Hrubovcak Spaß – gerade weil er zwischen Filmklassikern und eigenen Splatter-Szenarien pendelt. New York Ripper ist Fulci-Pflichtprogramm, Undead Apocalypse und Burial Disturbance tragen Romero und Hooper im Herzen, und Coffin Colony hat ein Konzept, das man einfach lieben muss: verwahrloste Untergrundbewohner, die Ratten fressen, Tollwut bekommen und sich gegenseitig anspringen. Das ist so angenehm drüber, dass ich breit grinsen musste. Lunatic Butcher wiederum schöpft aus der realen Gruselkammer der Menschheit – und auch wenn mir keine Lyrics vorliegen, merkt man schon an den Themen, dass Hrubovcak die dunklen Ecken dieser Welt wie ein neugieriges Kind erforscht, das lieber in Horrorromanen blättert als in Märchenbüchern.

Musikalisch bietet Rogga exakt das, was man von ihm erwartet: ein Arsenal an klassischen HM-2-Schliffsägen, dazu ein paar melodische Tropfen, die wie verdünntes Blut wirken. Ohlsson drückt druckvoll nach vorne, ohne je den Punkt zu setzen, an dem man sagt: „Ah! DAS ist neu.“ Alles funktioniert. Alles sitzt. Aber alles ist eben auch vorhersehbar. Ein gutes Album – aber eines, das sich weigert, nach dem letzten Ton noch im Schädel hängen zu bleiben. Die Riffs sind solide, manche sogar richtig stark. Aber der Wow-Effekt bleibt auf dem Friedhof liegen.

Vielleicht liegt es daran, dass Rogga schlicht zu viel veröffentlicht – nicht qualitativ, sondern mengenmäßig. Ich traue dem Mann zu, dass er während des Mittagessens drei Songs aufnimmt, während er parallel mit dem Fuß das nächste Projekt aufnimmt. Und ja, ich mag diese manische Kreativität. Aber Disturbing the Cenotaph wirkt so, als hätte Johansson sich vor allem gedacht: „Noch eins geht. Warum nicht?“

Trotzdem: Wenn man ein Faible für Horror-Themen und klassisch rumpelnden Old-School-Death hat, macht die Platte Spaß. Sie tut keinem weh – außer natürlich denen, die im Textbuch filetiert, gehäutet oder seziert werden. Und das Cover ist wirklich ein Hingucker. Ein richtig schönes Stück morbider Kunst. Am Ende bleibt ein solides, leicht unterzuckertes Death-Metal-Album mit viel Herzblut, aber wenig Risiko. Man kann es mögen, man kann es hören – und man kann sich fragen, wie Rogga all das eigentlich zeitlich hinbekommt.

Disturbing the Cenotaph ist wie ein bekanntes Horror-Franchise: Man weiß, was kommt, man erschrickt trotzdem ein bisschen, aber wirklich neu ist es nicht. Das Album ist gut, manchmal sogar sehr gut – nur leider selten überraschend. Der Sound dürfte mutiger sein, die Ideen etwas frischer. Dennoch: Wer Rogga liebt, wird sich hier zuhause fühlen. Und das Artwork allein rechtfertigt fast schon den Kauf. Todsicher kein Meisterwerk, aber ein angenehm fleischiges Häppchen für zwischendurch.

Anspieltipps:
🔥New York Ripper
💀Coffin Colony


Bewertung: 7,0 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. New York Ripper
02. Coffin Colony
03. Island of the Dead
04. Unspeakable Acts
05. Cadaver Resurrection
06. Undead Apocalypse
07. Phantom Intrusions
08. Burial Disturbance
09. Lunatic Butcher 



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