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BLOOD RED THRONE - Siltskin (2025)

(9.986) Olaf (9,3/10) Death Metal


Label: Soulseller Records
VÖ: 05.12.2025
Stil: Death Metal






Da hat man seine Listen zum Jahresende schon so gut wie fertig, die Songs für unser Best of 2025 von „Tales from the hard Side“ sind erstellt… und dann kommen meine Lieblings-Norweger wieder einmal mit einem solch fulminanten Brett um die Ecke, dass es mir den Schlüpper auf links dreht. Ernsthaft: Zwölfte Platte, fast drei Jahrzehnte Bandgeschichte – und BLOOD RED THRONE tun so, als wären sie gerade frisch aus der Garage geprügelt worden, nur halt mit Weltklasse-Sound und Abertausenden Kilometern Live-Erfahrung im Rücken.

Gegründet von Daniel „Død“ Olaisen in den 90ern, als der gute Mann noch bei SATYRICON die Schwarzwurzel gepflegt hat, sind BLOOD RED THRONE inzwischen so etwas wie das norwegische Qualitäts-Siegel für Death Metal mit Rasierklingen-Umlauf. Død ist immer noch das Herzstück, flankiert von Langzeit-Mitstreiter Ivan „Meathook“ Gujić an der zweiten Gitarre, Rückkehrer Freddy „the Shred“ Bolsø an den Drums, Tieftöner Stian „Clammy Hackett“ Gundersen und seit 2023 Frontröhre Sindre Wathne Johnsen, der hier sein erstes komplettes Album einspeit. Die Diskographie liest sich inzwischen wie ein Lehrbuch-Kapitel: von Monument of Death über Altered Genesis, Brutalitarian Regime und Imperial Congregation bis hin zum letztjährigen Nonagon – und jetzt eben Siltskin, Album Nummer zwölf, 45 Minuten und ein paar Zerquetschte kompromissloser Abrissbirne.

Diese fette Mischung aus Death Metal mit einer leicht angeschwärzten Kante ist seit jeher eines meiner Lieblingsgerichte aus dem hohen Norden und auch hier machen die Jungs keine Gefangenen. Groove paart sich mit Tempo, Brutalität mit Breakdowns und einer infernalischen Intensität, wie ich sie nur von BLOOD RED THRONE kenne. Das Schöne: Siltskin ist laut eigener Ansage schwerer, schneller, melodischer und trotzdem unverkennbar BRT – und genau so klingt das auch. Das ist kein verzweifeltes „Wir-müssen-auch-mal-modern-klingen“-Rumgerühre, sondern die logische Weiterentwicklung einer Band, die ihr eigenes Vokabular im Schlaf beherrscht und jetzt einfach noch ein paar neue Flüche dazugelernt hat.

Schon der Opener Scraping Out the Cartilage macht klar, dass hier niemand zum Kuscheln gekommen ist. Die Gitarren fräsen sich mit chirurgischer Präzision durch den Gehörgang, während Freddy hinten am Schlagzeug so tut, als würde er versuchen, die Hardware aus reiner Bosheit zu verbiegen. Klassische BRT-Schule: kompromissloser Death Metal, aber immer mit diesem Kopfnick-Groove, der dich mitten im Blastbeat ertappt, wie du debil grinsend mitwippst. Wenn dann Sindre seine tiefen Growls mit fiesem, fast blackigem Gekeife mischt, fühlt sich das an, als hätte man die komplette Bandgeschichte in einen Fleischwolf gepackt und auf „Ultra“ gestellt.

Beneath the Means schlägt dann die Brücke zum eher midtempolastigen, stampfenden Bereich – hier wird der Panzer etwas runtergeschaltet, nur um dir dafür das Riff noch brutaler vor den Latz zu nageln. Genau in solchen Momenten zeigt sich, wie sehr BLOOD RED THRONE über die Jahre gelernt haben, Songs zu schreiben, die sofort hängen bleiben, ohne sich anzubiedern. Da gibt’s Hooks, ja, aber eben keine glattgebügelten Melodie-Zuckerchen, sondern kantige, nagelbesetzte Refrains, die sich im Langzeitgedächtnis einnisten, ob du willst oder nicht.

In der Albummitte wird’s dann stellenweise fast schon heimtückisch melodisch. Necrolysis und Vermicular Heritage sind Musterbeispiele dafür, wie man Gitarrenlinien komponiert, die kurz in Richtung Ohrwurm schielen, nur um dann doch wieder in ein Hochgeschwindigkeitsgewitter oder einen Groove-Beatdown zu kippen. Die Leads sind ausgearbeitet, aber nie überladen, nie Selbstzweck – eher wie kleine Lichtblitze in einem ansonsten ziemlich finsteren Keller. Und wenn es zwischendurch mal bricht und die Band den Fuß kurz vom Gas nimmt, wirkt das nicht wie „wir müssen jetzt Dynamik machen“, sondern wie die Ruhe vor dem nächsten Bombeneinschlag.

Richtung Finale zieht On These Bones die Schrauben am Dunkelheitsfaktor noch einmal an; hier knistert es vor verrotteter Atmosphäre, ohne dass die Band im kleinsten Ansatz die Kontrolle verliert. Der Closer Marrow of the Earth fühlt sich dann an wie der konsequente Untergang: schwer, bedrohlich, dennoch klar strukturiert und mit genau den melodischen Farbtupfern, die einen würdigen Schlusspunkt setzen. Kein Outro-Gedudel, kein Füllmaterial – das Ding klappt die Kiste zu und fertig.

Ich bin totaler Fanboy und liebe alles von der Truppe und diese Scheibe ist in der Discographie der Skandinavier auf Anhieb auf Platz 2 gesprungen. Und das will bei einer Band, die seit fast 25 Jahren Studioscheiben rauskloppt und zwischendurch die halbe Welt mit Acts wie DIMMU BORGIR, ENSLAVED, SUFFOCATION und CRYPTOPSY unsicher gemacht hat, schon etwas heißen. Siltskin fühlt sich an wie das Album einer Band, die sich absolut nichts mehr beweisen muss und es trotzdem tut – nur eben nicht der Szene, sondern sich selbst.

Ein Wort zur Produktion: genial. Ronnie Björnström hat den BLOOD RED THRONE-Sound hier in den Sweet Spot zwischen „voll auf die Fresse“ und „jedes Detail nachvollziehbar“ geschoben. Die Gitarren sind fett, aber nicht matschig, die Drums knallen, ohne plastikhaft zu wirken, und der Bass ist keine bloße Tieftonwolke, sondern ein eigener, rumpelnder Charakter im Gesamtbild. Genau so muss moderner Death Metal 2025 klingen: wuchtig, akzentuiert, brutal – aber mit genug Luft, damit die Riffs atmen können. Das Artwork von Giannis Nakos rundet das Ganze mit seiner bedrohlichen, hochdetaillierten Optik ab und trifft perfekt den Vibe dieser Platte: verwesender Planet, aber mit Stil.

Besonders spannend ist, wie nahtlos sich Sindre in dieses bestehende Monster integriert. Er klingt, als wäre er schon seit fünf Alben dabei: tiefe Growls, bissiges Kehlenkreischen, gelegentlich leicht angezerrte Shouts – genau diese Mischung, die BLOOD RED THRONE seit jeher von der breiten Masse abhebt. Død und Meathook liefern dazu Riff-Kaskaden, die „klassischer Death Metal“ schreien, aber nie altbacken wirken, während Freddy hinten die komplette Bandbreite abspult: Maschinengewehr-Blasts, tötungswillige Doublebass und diese kleinen, gemeinen Grooves, die einem im Pit die Fußgelenke kosten werden. Stian bindet das Ganze mit einer grundsoliden, aber sehr präsenten Bassarbeit zusammen – hier verschwindet nichts im Hintergrund, das ist ein Kollektiv auf Augenhöhe.

Und ja, ich hoffe die Band schnell wieder live zu sehen, um diese großartigen Kompositionen auf ihre Livetauglichkeit zu überprüfen. Wenn man weiß, dass BLOOD RED THRONE auf Festivals wie Wacken, Hellfest, Bloodstock oder 70.000 Tons of Metal (und dort begutachtet und interviewt) schon ganze Landstriche in Schutt und Asche gelegt haben, kann man sich ungefähr vorstellen, was Scraping Out the Cartilage oder Marrow of the Earth in einem ordentlich gefüllten Club anrichten werden: Schweißregen, Genickschmerzen, glückliche Gesichter. Genau so soll das sein.

Unterm Strich ist Siltskin genau das Album, das mir am Jahresende nochmal die schön sortierten Bestenlisten ins Gesicht wirft. Groove paart sich mit Tempo, Brutalität mit Breakdowns und einer infernalischen Intensität, wie ich sie nur von BLOOD RED THRONE kenne – und die Band zeigt eindrucksvoll, dass „zwölfte Platte“ nicht „Dienst nach Vorschrift“ heißen muss. Stattdessen bekommt man eine Scheibe, die kompromisslos, aber durchdacht ist, modern, ohne sich anzubiedern, und so eingängig, wie es echter Death Metal nur sein darf. Wenn das hier „Platz 2“ in der Diskographie ist, möchte ich gar nicht wissen, wie sehr mir „Platz 1“ beim nächsten Durchlauf wieder die Wirbelsäule verbiegt.

Anspieltips:
🔥Scraping Out the Cartilage
☠️Necrolysis
🎸Beneath the Means

 


Bewertung: 9,3 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Scraping out the Cartilage
02. Beneath the Means
03. Husk in the GRain
04. Necrolysis
05. Anodyne Rust
06. Vestigial Remnants
07. Vermicular Heritage
08. On these Bones
09. Marrow of the Earth 



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