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DESPISED ICON – Shadow Work (2025)
(9.905) Phillip (9,0/10) Deathcore
Label: Nuclear Blast Records
VÖ: 31.10.2025
Stil: Deathcore
Es hätte eine ganz große Liebe werden können. Damals, als Despised Icon 2007 und 2009 zwei absolute Brecher-Alben auf den Markt hämmerten, die das aufkeimende Thema Deathcore sogleich auch durchgespielt haben. Ich war Feuer und Flamme, trafen auch nicht alle Songs voll ins Schwarze. Die, die zündeten, waren allerdings umso bemerkenswerter. Und ZACK haben sie sich aufgelöst, beziehungsweise gingen in eine Pause. Als dann sechs Jahre später neue Lebenszeichen aus Kanada kamen war mein Interesse verhalten und das, was ich zu hören bekam war zwar grundsolider Stoff, hatte sich bei mir allerdings nicht nachhaltig festgesetzt – geschweige denn das alte Feuer entfacht. In Sachen Shadow Work fällt zuerst das erstklassige Eliran Kantor- Coverartwork auf, können die Songs da auch mithalten?
Der Titeltrack legt gleich mal los wie mein Labrador, wenn ich Lebensmittel unbeaufsichtigt in ihrer Reichweite lasse. Hier bleibt nichts übrig! Blasts! Soli! Gewaffel! Und eine Soundästhetik die mich an The Day of Mourning erinnert. So geht es natürlich auch in Over My Dead Body weiter. Unterstützt von Xibalbas Matt Honeycutt präsentiert das Vokalistenduo Erian und Marois auch mal seltsam hohe Screams die ein wenig gewöhnungsbedürftig wirken. Ansonsten bleibt es bei der gesanglichen Aufteilung beim Alten. Erian ist für die Hardcore-Shouts zuständig und Marois kümmert sich mit einer Menge Eigenwilligkeit um die Growls und Brees. Wenn man sich einmal an seine komisch anmutende Betonung gewöhnt hat, geht auch diese gut rein.
Im enorm vielschichtigen Gewitter von Death of an Artist stellt sich heraus, dass Marois für die zunehmend abartigen Screams verantwortlich ist. Im Zusammenspiel mit Drummer Alexandre Pelletier, der die Felle verdrischt, als würden sie ihm Geld schulden, wir hier ein Orkan entfacht, der im Bereich Deathcore seinesgleichen sucht. Ihr wollt Brutalität und Härte? Despised Icon haben das in diesem Zusammenhang bereits vor nunmehr gut 16 Jahren definiert und sie können es verdammt nochmal immer noch!
In Corpse Pose schwingt das erste mal etwas Groove mit, natürlich stets in prominenter Begleitung von Blasts und Breakdowns die im technischen Bereich nur schwerlich zu toppen sein dürften. Auch vor symphonischen Elementen wird in The Apparition nicht zurückgeschreckt und dieser gottverdammte Hochgeschwindigkeits-Groove ergreift allmählich Besitz von mir, auch wenn dieser kurz mal in den Schunkelmodus wechselt.
In Reaper, einer Spielwiese für unterstützende Vokalisten wie Scott Lewis (Carnifex) und Tom Barber (Chelsea Grin) dürfen alle mal ihr inneres Schweinchen herauslassen. Im Gesamtkontext aber bleibt es ein eher mäßiger Track. Gefolgt wird dieser von vermehrtem Fokus auf Groove (Omen of Misfortune), mehr symphonischem, fast balladesken Material (In Memoriam) und einer einem bandinternen Klassiker. Die französisch betitelten und gesungenen Songs sind, meines Erfahrung nach, stets die stilistischen Komplettausreißer – so findet ContreCoeur im Hardcore-Punk statt und bietet astreines Two-Step-Futter! Rausschmeißer Fallen Ones kommt dann nochmal wuchtig um die Ecke wie ein Kneipenschläger mit Master in Philosophie. Träge, aber am Ende mit filigraner Pointe.
Ganz ehrlich: dass die einstigen, unbestreitbaren Könige des Deathcore SO heftig ihren Tron zurück beanspruchen, hätte ich nicht für möglich gehalten. Sie klingen angepisster als auf den direkten Vorgängern, aber musikalisch raffiniert und durchdacht. Mit Raum für instrumentale Kleinode, die mir Shadow Work als weiter entwickelten Anschlusspunkt der eingangs erwähnten Referenzwerke präsentiert. Ausnahmslos jedes Bandmitglied glänzt hier in seinem Ressort! Zugeben muss ich aber auch, dass das Album erst in der zweiten Hälfte so richtig einschlug und klar machte, dass das hier nicht eine weitere Blaupause eines weiteren Despised Icon-Albums ist, sondern über weite Strecken eine Machtdemonstration mit ein zwei bis drei Verschnaufpausen. Lasst euch drauf ein, wenn ihr auf die älteren Sachen standet – dann ist Shadow Work euer Jungbrunnen.
Anspieltipps:
💀 Death of an Artist
🔨 The Apparition
🤍 ContreCoeur
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Shadow Work
02. Over My Dead Body
03. Death of an Artist
04. Corpse Pose
05. The Apparition
06. Reaper
07. In Memoriam
8. Omen of Misfortune
9. Obsessive Compulsive Disaster
10. ContreCoeur
11. Fallen Ones

