AEONYZHAR – The profane Era (2025)
(9.510) Olaf (9,5/10) Symphonic Black Metal

Label: Apostasy Records
VÖ: 25.04.2025
Stil: Symphonic Black Metal
Es gibt diese Alben, bei denen man nach dem ersten Durchlauf verwirrt die Kopfhörer absetzt, ein paar Sekunden in die Luft starrt und dann exakt einen Gedanken hat: „Was zum Geier war das denn – und warum ist mir das vorher nie begegnet?“ Willkommen in meiner neuen musikalischen Obsession: AEONYZHAR. Noch nie gehört, nie drüber gestolpert, und plötzlich sitze ich hier, mit einem flammenden Fragezeichen überm Kopf und einem Totenkopf im Herzen. Hannover hat nicht nur eine sehenswerte Altstadt, sondern auch eine neue Bastion des symphonischen Schwarzmetalls – und zwar eine, die so klingt, als hätte man Shagrath und Dani Filth genetisch zusammengeklont, auf fies gezüchtet und auf Hertz-Niveau produziert. Ergebnis: The Profane Era. Ein Monster.
Gegründet 2006, schien AEONYZHAR zunächst den Pfad des Schweigens zu bevorzugen. Statt sich mit halbgaren Demos oder vorschnellen Alben zu verrennen, arbeitete die Band über Jahre hinweg im Schatten an ihrem Sound – offenbar in einem mit Pech gefüllten Alchimistenkessel aus symphonischem Black Metal, brutaler Death-Metal-Schlagseite, orchestralen Sturmfronten, Industrial-Frost und einer Prise sakraler Gottlosigkeit. Erst 2025 ist es nun soweit: The Profane Era, das erste vollständige Lebenszeichen, erhebt sich – und zwar mit der Wucht eines apokalyptischen Paukenschlags.
Produziert wurde das Ganze im renommierten Hertz Studio in Polen – also da, wo auch schon Behemoth, Decapitated oder Vader ihre Knochen geschärft haben. Das hört man sofort: Die Gitarren beißen, das Schlagzeug scheppert mit chirurgischer Präzision, der Bass rumpelt durch das Grundgerüst wie ein Bagger durch Altglas, und der Gesang? Der ist einfach nur böse. Wirklich böse. Nicht im Sinne von „Ich hab mal ne schwarze Kerze angezündet“, sondern so, als hätte sich ein Höllenfürst nach einem Industrial-Tanzabend in eine Kapelle eingenistet und die Sakristei in Schutt und Asche gelegt.
Dabei gelingt der Band das, woran viele andere scheitern: Trotz all der orchestralen Bombastik, der stilistischen Vielfalt und den immer wieder überraschenden Wendungen, bleibt das Klangbild glasklar. Nie hat man das Gefühl, den Überblick zu verlieren – es ist ein Soundlabyrinth, ja, aber eines, bei dem man immer genau weiß, wo der Ausgang ist (und dass hinter ihm die nächste Abrissbirne wartet).
Inhaltlich wird nicht gespart: The Profane Era ist durchzogen von Themen wie spiritueller Rebellion, Entfremdung, sakralem Umbruch und innerem Aufstand gegen die Heilsversprechen vergangener Zeitalter. Kein Zufall, dass die Stücke Titel tragen wie I spit in the Face of Forgiveness, Non Serviam oder Hymn of the golden Age. Es ist ein schwarzes Manifest, das zwischen Hoffnungslosigkeit und Triumph pendelt, ein Album wie ein Dolchstoß ins Angesicht göttlicher Heuchelei – und dabei hochgradig poetisch und durchdacht.
Einzelne Songs herauszupicken, wäre unfair gegenüber dem Rest. Wirklich. Es ist, als würde man bei einer Opernszene nur das Finale loben und alles davor ignorieren. Jeder Track auf The Profane Era ist Teil eines komplexen Gesamtwerks, ein kleines Kapitel in einem klanggewordenen Anti-Evangelium. Natürlich gibt es Songs, die besonders hervorstechen – aber nur, weil man sich gerade in ihnen verliert. Fünf Minuten später ist es dann der nächste. Und der nächste. Es ist ein Album zum Wiederhören, Wiederentdecken, Wiederverfluchen.

Dass die optische Umsetzung von Michał „Xaay“ Loranc stammt, merkt man sofort. Der Mann, der schon Nile und Behemoth visuell veredelt hat, liefert hier eine düstere Pforte in die Welt von AEONYZHAR, irgendwo zwischen barocker Finsternis, albtraumhafter Symbolik und dekadenter Endzeitvision. Kurz: Das Auge bekommt genau das, was das Ohr schon längst schreit.
AEONYZHAR klingen, als hätten sie 18 Jahre lang in einem okkulten Laboratorium geschlummert und währenddessen heimlich das perfekte Album geplant. The Profane Era ist kein Schnellschuss, keine musikalische Eintagsfliege – es ist ein in Pech, Poesie und Perfektion gegossener Koloss. Brillant produziert, voller Überraschungen, aber stets fokussiert. Dieses Album flüstert dir keine dunklen Geheimnisse ins Ohr – es brüllt sie dir in die Seele, mit einem Sound, der gleichzeitig prunkvoll, boshaft und messerscharf ist. Ich weiß nicht, was bei Apostasy Records im Wasser ist, aber dieses Jahr scheint man dort keine halben Sachen zu machen. Und während ich gedanklich schon mit gespitztem Bleistift die nächste Fragments of Unbecoming-Rezension vorbereite, höre ich The Profane Era einfach nochmal. Und nochmal. Und nochmal.
Anspieltipps:
🔥A new Age of Enlightenment
💀Illuminate
🎸Non Serviam
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. A new Age of Enlightement
02. I spit in the Face of Forgiveness
03. Hymn of the golden Age
04. Divine hybrid Euphoria
05. The profane Era
06. Proclamation
07. Illuminate
08. Ulysses
09. Dystopia
10. Non Serviam