GAME OVER – Face the End (2025)
(9.549) Olaf (9,0/10) Thrash Metal

Label: Scarlet Records
VÖ: 25.04.2025
Stil: Thrash Metal
Ich bin ehrlich: Bis vor ein paar Wochen hätte ich bei GAME OVER eher an ein Schild auf einem Spielautomaten gedacht als an eine Thrash-Metal-Band. Doch offenbar war ich einer der letzten, die noch nie mit dieser italienischen Abrissbirne in Berührung gekommen sind. Und das tut mir jetzt ein bisschen leid. Denn was die vier Jungs aus Ferrara (gegründet 2008) auf ihrem neuen Album Face the End abliefern, ist nicht nur rasant, präzise und bissig – es ist so stark wie einst Megadeth mit Rust in Peace: technisch anspruchsvoll, melodisch und gut pointierter Thrash.
Und nein, das ist keine billige Megadeth-Referenz, sondern eine huldvolle Verbeugung. Nur dass hier niemand altbacken wirkt. Ganz im Gegenteil: Dieses Album klingt, als hätte sich eine junge, hungrige Band aus dem Jahr 1989 durch ein Wurmloch ins Jetzt geschossen und dabei gelernt, wie man moderne Produktion mit Old-School-Werten verbindet – ganz ohne Retro-Folklore oder überproduzierten Politurwahn.
GAME OVER sind keine Neulinge – mit nunmehr sechs Alben haben sie sich in der Thrash-Szene Europas längst einen Namen gemacht. Wer es nicht wusste (ich jedenfalls nicht), der schaue mal bei Metal Archives vorbei und wird feststellen: Die Italiener meinen es ernst – und zwar schon seit Jahren. Und mit Face the End haben sie ihr bisher ambitioniertestes Werk abgeliefert.
Der Pressetext behauptet etwas von "einem Album am Abgrund der Zeit" und "verzweifelter Wut, kanalisiert durch präzise Aggression." Ich würde es etwas direkter sagen: Das hier ist ein Thrash-Monster mit Herz, Hirn und Haken. Frontmann Danny hat einen tollen Stimmumfang und pendelt mit irritierender Leichtigkeit zwischen klarer Aggression, fauchender Giftigkeit und kontrolliertem Wahnsinn. Seine Vocals sind das personifizierte "Edge of Sanity" – nicht die Band, sondern der emotionale Zustand.

Wer bei Lust for Blood nicht unwillkürlich die Faust ballt, ist vermutlich innerlich tot oder hört lieber Schlager. Dieser Song ist ein Paradebeispiel für kompositorische Cleverness im Thrash – Tempowechsel, Breaks, Leads, die nicht nur zeigen wollen, wie schnell man spielen kann, sondern wie gut. Neck Breaking Dance trägt seinen Titel zurecht – mehr als drei Durchläufe davon, und man braucht Physiotherapie. Grip of Time bringt Midtempo-Banger-Feeling mit apokalyptischer Note, während Lost in Disgrace mit seiner Melancholie beinahe an die düsteren Seiten von Flotsam and Jetsam erinnert. Nun könnte man mit Vergleichen zu den Großen des Business fortfahren, doch in diesem Fall rate ich zur alten Weisheit: Let the Music do the talking. Sprich: REINHÖREN!
Face the End ist kein netter Retroausflug in die glorreichen Achtziger. Dieses Album ist eine Lehrstunde im modernen Thrash Metal – aggressiv, technisch brillant, durchdacht und mit einem Gespür für Melodie, das viele Genre-Kollegen schmerzlich vermissen lassen. GAME OVER zeigen eindrucksvoll, dass italienischer Metal mehr kann als Symphonic-Kitsch und Operndramatik. Sie liefern eines der bisherige Thrash-Highlights des Jahres ab – und ich frage mich ernsthaft, wie ich so lange an dieser Band vorbeihören konnte. Vielleicht, weil ich zu beschäftigt war, alte Megadeth-Platten zu feiern. Aber jetzt gibt’s was Neues für die Dauerrotation – und das ist verdammt noch mal überfällig.
Anspieltipps:
🔥Lust for Blood
💀Crimson Waves
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. The final Hour
02. Lust for Blood
03. Neck Breaking Dance
04. Grip of Time
05. Lost in Disgrace
06. Veil of Insanity
07. gateway to Infinity
08. Tempesta
09. Crimson Waves
10. Weaving Fate