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BRAINWAVE – Ill intent (2025)
(9.863) Olaf (8,0/10) Thrash Metal / Crossover

Label: DIY
VÖ: 22.10.2025
Stil: Thrash / Crossover
Wellington, diese windgepeitschte Hauptstadt am unteren Zipfel Neuseelands, hat mehr zu bieten als endlose Hügel, Schafe und guten Kaffee. Sie ist längst ein Epizentrum für kompromisslosen Hardcore geworden. Ganz vorn mit dabei: BRAINWAVE. Wer den Namen bislang noch nicht auf dem Schirm hatte, hat vermutlich die letzten Jahre unter einem besonders dicken Basaltblock verbracht. Das Quintett liefert mit Ill Intent ein Debütalbum ab, das klingt, als hätten DRAIN, MINDFORCE und TOXIC HOLOCAUST gemeinsam eine Kneipenschlägerei organisiert – und niemand ist nüchtern nach Hause gegangen.
BRAINWAVE sind keine Schönwetterband. Ihre Musik ist ein Schlag ins Gesicht, kein feuchter Händedruck. Ursprünglich als Vierer gestartet, haben sie sich 2025 mit Gitarrist Ian Moore zur finalen Prügeltruppe erweitert. Zusammen mit Rob Thompson (Vocals), Joram Adams (Gitarre/Vocals), Caleb Webb (Bass) und Angus Crowe (Drums) entstand ein wütender, roher und dennoch erstaunlich klar produzierter Brocken DIY-Crossover-Hardcore, der nach stinkender Proberaumluft, durchgetretenen Vans und Adrenalin riecht.
Was Ill Intent so besonders macht, ist die Verbindung aus purer Energie und inhaltlicher Wucht. Die Band selbst beschreibt das Album als „extrem persönlich – vor dem Hintergrund einer Welt, die sich selbst zerreißt“. Die Texte sprechen von Hoffnungslosigkeit, Verlust und Alltagsbrutalität, aber auch vom Sich-Zusammenreißen, dem inneren Aufstehen. Das ist kein pathetischer Zeigefinger, sondern ein messerscharfer Befund.
Produziert wurde die Platte in enger Zusammenarbeit mit Lewis Noke-Edwards in Melbourne – ein Glücksgriff. Das Ergebnis ist für eine DIY-Produktion derart fett und druckvoll geraten, dass man kaum glauben mag, dass hier keine Major-Kohle im Spiel war. Die Gitarren kommen wie Vorschlaghämmer, die Drums prügeln nicht – sie walzen. Und wenn die Gangshouts aus dem Off einsetzen, sieht man vor dem inneren Auge automatisch eine aufgeheizte Crowd, Circle Pits und Bierduschen.
Ein Song wie Sad Man’s Parade lässt mit seinem schleppenden Mittelteil die Faust wie von selbst zur Decke gehen, bevor das Tempo wieder anzieht und die Riffs so süffig über die Gehörgänge rollen, dass man förmlich das Bier über der Theke kippen möchte. Another Foe dagegen ist ein zwei Minuten langer Sturmangriff, so geradeaus, dass es fast schon unverschämt effektiv ist. Die Titelnummer Ill Intent bringt das Konzept der Platte auf den Punkt: Wut, Verzweiflung, Kampfgeist – und ein kollektives „Fuck it, wir machen weiter“.
Musikalisch bleibt die Band sich treu: kein Gefrickel, keine großen Experimente. Ja, ein bisschen mehr Variation hätte man einstreuen können, aber das hier ist Hüpfcore in Reinkultur – und ich stehe auf so was. Diese Musik schreit nicht nach intellektueller Analyse, sondern nach Bier, Schweiß und einem gepflegten Moshpit. Die Gitarren sind saufett, die Riffs kommen in Salven, und die Energie ist so intensiv, dass ich beim Hören fast das Bedürfnis verspüre, mit dem Baseballschläger eine Kneipe zu zerlegen. Das ist Crossover, der nach Hooligan-Randale klingt – und zwar mit Stil.

Ein weiteres Plus: Die Band öffnet ihre Reihen für die Szene. Gastbeiträge von Mitgliedern anderer neuseeländischer Hardcore-Acts wie LUCRE, MOLOSSER, MARTIAL LAW und XILE verstärken den Gemeinschaftsaspekt, der tief im Hardcore verwurzelt ist. Und man hört’s: Die Vocals stapeln sich wie Wellen, die Instrumente greifen ineinander, alles wirkt organisch. Ill Intent ist keine Platte für Feingeister – sondern für Leute, die den Puls spüren wollen. Für die, die bei Forged kurz innehalten, nur um 56 Sekunden später wieder mit der Faust voraus ins Getümmel zu springen. Für die, die Hardcore nicht als Lifestyle verstehen, sondern als Lebensrealität.
BRAINWAVE legen mit Ill Intent ein Debüt hin, das so roh, laut und kompromisslos ist, dass es einem das Grinsen ins Gesicht tackert. Mehr Abwechslung hätte dem Ganzen sicher nicht geschadet, aber verdammt – bei dieser Art Mucke ist das fast nebensächlich. Hier geht es nicht um Perfektion, sondern um Haltung. Wellington darf sich glücklich schätzen, eine Band dieser Schlagkraft in den eigenen Reihen zu haben.
Anspieltipps:
🔥The Truth
💀Ill Intent