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GRAND CADAVER – The Rot beneath (EP) (2025)
(9.752) Olaf (9,5/10) Death Metal

Label: Majestic Mountain Records
VÖ: 15.08.2025
Stil: Death Metal
Ich dachte erst: What? Schon wieder eine neue Michael Stanne-Band? Doch mitnichten. GRAND CADAVER sind längst kein frisches Nebenprojekt, sondern seit 2020 aktiv, haben bereits zwei Longplayer rausgehauen – Into the Maw of Death und Deities of Deathlike Sleep – und nun ihre neue EP veröffentlicht. Und ich frage mich ernsthaft: Wie konnte diese überragend geile Band spurlos an mir vorübergehen? Das wird sich ab sofort ändern, denn The Rot Beneath ist ein Brett, das mich vom ersten Ton an quer durch die Wand nagelt.
Entstanden während des Lockdowns, ist GRAND CADAVER die Summe von fünf schwedischen Szene-Veteranen, die sich schon vor Jahrzehnten gegenseitig über den Weg gelaufen sind. Neben Michael Stanne (Dark Tranquillity, The Halo Effect) haben wir Stefan Lagergren (The Grifted, ex-Treblinka/Tiamat), Alex Stjernfeldt (Novarupta, Child), Christian Jansson (Pagandom, Dark Tranquillity) und Daniel Liljekvist (Disrupted, Vorder, ex-Katatonia). Eine Line-up-Zusammenstellung, bei der schon auf dem Papier klar ist: Das wird kein filigranes, verkopftes Melo-Death-Gefrickel, sondern ein ehrliches Uffta-Uffta-Voll-in-die-Fresse-HM2-Massaker.
Und genau das liefern sie. Vergesst die melancholisch-verzuckerten Harmonien von Dark Tranquillity, die Midtempo-Hymnen von The Halo Effect oder gar das Gothic-Pathos von Cemetery Skyline (nicht falsch verstehen, alles geil!). Hier gibt es keine Keyboards, keine Akustik-Intros, keine „Wir holen euch sanft ins Album“-Attitüde. Stattdessen setzt Blood-Red Banner direkt wie ein Panzerangriff ein: dicke Gitarren, bissige Vocals, treibende Drums – und null Gnade. Das ist oldschool Schweden-Death der ganz ursprünglichen Bauart, schwedisch gesägt, schwedisch gestanzt, schwedisch gemeuchelt.

Der Titelsong The Rot Beneath ist dann auch gleich die in Musik gegossene Bestandsaufnahme unserer Zeit. Die Band kommentiert selbst: „Wenn man den Zustand der Welt betrachtet, fällt es schwer, nicht zu verzweifeln. Wir sehen Wahnsinn, Tod, Krieg, Korruption und Spaltung – und wir sind selbst die Ursache, die Fäulnis darunter.“ Treffender kann man es kaum sagen. Textlich wird hier nicht lamentiert, sondern konstatiert: Die Menschheit ist der Wurm im eigenen Apfel.
Endless Dead stampft und sägt mit einem Hauch Doom-Schwere, ohne je in Langatmigkeit zu verfallen. Und dann kommt Darkened Apathy – und ich lehne mich weit aus dem Fenster: Das ist der bislang beste Todesblei-Song des laufenden Jahres. Brutal, düster, eingängig, mit einem Refrain, der im Death Metal eigentlich gar nicht erlaubt sein dürfte, so sehr bleibt er im Schädel kleben. Der Songtitel ist hier keine hohle Phrase, sondern vertonte, zermalmende Gleichgültigkeit in Moll.
Was die EP außerdem so stark macht: Mit nur vier Songs verschwenden GRAND CADAVER keine Sekunde. Kein Füllmaterial, kein „mal was anderes ausprobieren“, sondern eine durchgehende, kompromisslose Abrissbirne. Die Produktion ist druckvoll, roh genug, um den Charme des Genres zu bewahren, aber klar genug, um jedes Detail der Sägeketten zu hören.
The Rot Beneath ist der musikalische Gegenbeweis zu all den Nostalgikern, die behaupten, im Death Metal sei schon alles gesagt. GRAND CADAVER zeigen, dass man mit Herzblut, Wut im Bauch und einer Kettensäge im Anschlag immer noch etwas veröffentlichen kann, das dich wie ein rostiger Stahlträger trifft. Nur vier Songs – aber die reichen, um dir den Kopf abzuschrauben, den Torso einzustampfen und den Rest zu verbrennen. Ich höre mir jetzt erstmal die beiden vorherigen Alben an und lasse mir den Schädel endgültig abmontieren.
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Blood-Red Banner
02. The Rot beneath
03. Endless Dead
04. Darkened Apathy