CARNAL GHOUL
Mehr oldschool geht nicht mehr...

Witzigerweise saß ich an diesem ruhigen Dienstagabend nun schon zum dritten Mal mit Daniel Jacobi zum Plauschen zusammen…und immer drehte sich unser Gespräch um eine andere Band. Vor ein paar Jahren war es Lay down rotten, vor gar nicht allzu langer Zeit Milking the goatmachine und nun seine neue Spielwiese Carnal ghoul, die mich mit ihrer EP „The grotesque vault“ ganz locker aus der Hüfte umnieteten. Eine Band, die Daniel zusammen mit Stefan „Husky“ Hüskens aka Tormentor von Desaster aus der Taufe gehoben hat, um der Welt ihre ganz eigene Interpretation des von mir so verehrten und legendären schwedischen Todesstahls in die Gedärme zu drücken. Eine durchaus interessante Konstellation, aus der ein mehr als informatives Gespräch entwickelte und natürlich gleich einleitend die Frage, ob nach dem erst kürzlich erfolgten Release des neuen MTGM Albums „Stallzeit“ Daniel unter Langeweile leiden würde?
Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Vielmehr habe ich mehr als genug zu tun. Die Carnal ghoul Geschichte ist ja auch schon vor gut 2-3 Jahren entstanden, als wir mit Lay down rotten und Desaser ein paar Mal zusammen gespielt haben und ich mit Husky damals beschloss, dass wir unbedingt mal was zusammen machen müssten. Das ist dann aber irgendwie eingeschlafen, bis ich zu Weihnachten von meinem Schwager ein Boss HM2 geschenkt bekam, quasi DAS Effektgerät, welches den legendären Sunlight Studio-Sound kreiert hat. Das Ding angeschlossen, völlig fasziniert gewesen und sofort gemerkt, dass ich unbedingt wieder was in dieser Richtung machen muss.

Ich hätte schwören können, dass Carnal ghoul komplett aus der Hüfte heraus geboren wurde…
Naja, die Idee war zwar da, dass Daniel und Husky ne Death metal band machen wollen, aber ohne Konzept, ohne Namen, nichts. Diesen Februar ging’s dann aber los…
Und das ziemlich rasant, wie man bei Facebook ja mitverfolgen konnte…
Stimmt, das ging dann wirklich ziemlich raztfatz. Wenn man heiß ist und Bock auf was hat, geht das immer rasend schnell. Ich habe die Songs zuhause vorbereitet, wir haben einmal geprobt, es hat gepasst und danach sind wir sofort ins Studio gegangen.
Und habt ein ziemlich ausgereiftes Teil in die Waagschale geworfen, welches mit neun Punkten von mir ausgiebig gewürdigt wurde.
Das freut mich wirklich sehr. Danke. Da steckt wirklich eine Menge Herzblut drin und daher sind mir positive Feedbacks sehr wichtig und freuen mich ungemein. Ich wollte mir auch selbst beweisen, ob ich es halt noch kann und wenn die Presse mir dies bestätigt, habe ich irgendwas richtig gemacht.
Wie waren denn die bisherigen Reaktionen?
Das Legacy war ähnlich begeistert und hat fast die Höchstpunktzahl vergeben und ähnlich wie du gesagt, dass sie für das Maximum erst einmal die Entwicklung der Band weiter beobachten werden. Es kamen auch noch ein, zwei andere Sachen, die ähnlich geartet waren. Die Freude darüber ist bei mir dementsprechend.

Dennoch ist es natürlich ungewöhnlich und mit Sicherheit etwas stressig, gerade mal 2 Monaten nach dem Release der aktuellen MTGM jetzt noch was Neues auf den Markt zu schmeißen…
Klar bin ich dadurch momentan echt busy, aber ich mach es ja gerne und wenn ich dann noch sehe dass es gut ankommt, fällt es eh alles leichter. Carnal ghoul betrachten alle Beteiligten recht stressfrei, da auch im Gegensatz zu unseren eigentlichen Hauptbands keine große Maschinerie dahinter steht und wir es nicht Jedem recht machen müssen. Wir haben uns beim schreiben der Songs absolut keinen Kopf darüber gemacht, sondern einfach drauf los gespielt. Keinerlei Druck, nicht von innen, nicht von außen. Wir machen das einfach so, wie wir Bock haben.
Wie kommt denn die andere „Ziege“ Fernando damit klar, dass er sich live nicht mehr hinter seinem Schlagzeug verstecken kann und im Rampenlicht steht?
(lacht) Das werden wir noch sehen. Allerdings mache ich mit ihm ja auch schon seit Ewigkeiten Musik und weiß daher genau was er kann. Er hat bei früheren Bands auch schon Gitarre gespielt und sogar bei Lay down rotten mal Jost am Gesang vertreten…von daher mache ich mir keine Gedanken. Wir werden sehen, wie es live umsetzbar ist und freuen uns daher tierisch auf unseren ersten Gig zusammen mit Skeletal remains im AJZ Wermelskirchen, quasi der Brutstätte des Death Metal in Nordrhein Westfalen. Im Anschluss daran sind noch weitere Shows geplant, eine Mini Tour zusammen mit Mourning beloveth aus Irland, Hell inside Open Air, eine Show mit Benediction…es läuft alles gut und fast wie von selbst und ich sehe, dass die Leute es wollen…
Das Stromgitarrenfest darfst Du nicht vergessen…
Das ist ja auch noch etwas hin…dennoch, wie konnte ich das vergessen…

Besteht nicht auch ein klein wenig die Gefahr, dass die Fans Carnal ghoul aufgrund Deiner Aktivität mit Milking the goatmachine, die ja doch etwas „lustiger“ sind, die Ernsthaftigkeit absprechen könnten?
Nein, da habe ich absolut keine Bedenken oder gar Angst vor. Das sind zwei absolut verschiedene Paar Schuhe. Ich mach ja nun auch nicht aktiv Werbung damit, dass ich bei Milking bin und die Leute, die mich von ganz früher kennen wissen eh, woher ich musikalisch komme.
Zur EP. Ich schmeiß mal zwei Namen in den Ring: Dismember und Entombed…
Ääh…ja, die haben da schon mächtig für Pate gestanden, stimmt (lacht). Das ist auch gut so, denn das ist exakt dass, was wir musikalisch und vom Sound her auch machen wollten. Alter schwedischer Death metal der besagten Bands, wo ich persönlich allerdings noch Grave und Edge of sanity mit zupacken würde. Und wenn Du mich schon so explizit drauf ansprichst, scheint unser Vorhaben ja bestens gelungen.
Bei „Ripped from the tomb“ ist aber unschwer auch Autopsy rauszuhören...
Kann gut sein, wenn dann aber unbeabsichtigt. Autopsy ist ja auch eine großartige Band…
Auf jeden Fall hört man Euch „alten“ Hasen dennoch eine Menge Frische und Unbekümmertheit an…
Kein anderer Gedanke stand dahinter. Die Songs reiften lange in meinem Kopf und Husky konnte mit meinen Ideen viel anfangen. Dazu passten prima die Soli, die mir der zweite Gitarrist den ich angeheuert hatte auf den Leib schrieb. Husky hat dann die Sachen eingetrommelt und ruckzuck waren die vier Songs im Kasten. Ok, ein Song haben wir in Koblenz bei Husky geschrieben und den Titeltrack direkt im Studio. Die Harmonie war jedenfalls großartig. Husky hatte ja witzigerweise seine ersten musikalischen Gehversuche auch im Death Metal…

Wobei Desaster ja eine Unmenge an Spielarten des Metal, auch Death, abdecken.
Stimmt, die machen alles, doch mit dem von uns gespielten oldschool Death Metal haben die Jungs dann eher weniger zu tun.
Wie kann man sich zukünftig nen Gig von Euch vorstellen? Vier Songs sind ja nun noch nicht gerade abendfüllend?
Wir sind fleißig dran, haben noch zwei weitere, eigene Songs geschrieben und noch zwei werden folgen. Dazu spielen wir dann noch 2-3 Coversongs. Ursprünglich wollten wir sogar noch Songs von Lay down rotten covern, doch da ich mit dem Kapitel abgeschlossen habe, spielen wir eher Songs von unseren alten Helden, die Du eben genannt hast (lacht).
Dennoch interessiert mich natürlich wie es mit einem kompletten Longplayer aussieht? Du selbst veröffentlichst ja regelmäßig, doch Desaster dagegen sind ja nun nicht gerade als Release Monster verschrien…
Auf jeden Fall, allerdings nicht mehr dieses Jahr, da unsere Hauptbands doch noch etwas mehr Aufmerksamkeit benötigen. Wir haben mit Milking seit März das neue Album draußen, noch ein Projekt in der Mache, was wir umsetzen wollen und Desaster haben letztes Jahr ihr Album veröffentlicht, was auch noch bespielt werden soll. Jedenfalls haben wir schon einige Angebote von Labels für ein komplettes Album. Nächstes Frühjahr ist ein realistisches Ziel.
Meinst Du, dass das Interesse der Plattenfirmen auch auf der Tatsache beruht, dass Ihr halt einen recht bekannten musikalischen Background habt? So was promotet sich ja fast von alleine…
Klar spielt so etwas auch mit rein und ich möchte absolut nicht abstreiten, dass dies schon ein Vorteil ist, wenn man etwas länger bereits im Business ist und sich bereits einen Namen erspielt hat. Aber wenn die Musik scheiße ist, hat man auch so keine Chance. Man sollte sich also nicht zu sehr auf seinen Lorbeeren ausruhen. Wir kriegen auf jeden Fall keinen Deal nur weil ich der Daniel von Milking bin (lacht).

Im Dezember beim Stromgitarrenfest spielen ja nun beide Deiner Bands. Sind solche Doppelshows zukünftig öfter geplant?
Naja, eine Doppelshow ist es ja nicht denn…ich weiß gar nicht, ob ich das schon verraten darf, Milking spielt an dem einen und Carnal ghoul am anderen Tag. Auf einem kleinen Festival werden wir dieses Jahr mit Carnal direkt Milking supporten, aber das wird eine Ausnahme bleiben. Würden wir das permanent machen, würde der Spaß an der Sache verloren gehen.
Was ich richtig geil finde ist, dass Ihr „The grotesque vault“ auch als Kassette raus bringen werdet…
Das Angebot kam von Coffin filth Records…
Von denen ich erstmals vorletzte Woche von Zombie Inc. erfahren habe…
Ich kannte die auch nicht. Die Gespräche liefen eh zwischen Husky und denen, finde das aber total cool. Mein letztes Demotape habe ich abgegeben, da war ich vielleicht 15. Es wird da eine limitierte Auflage von 100 oder 150 Stück geben, richtig mit gedrucktem Cover. Über Highroller wird es aber noch zusätzlich eine auf 666 Stück limitierte 7’ geben, was mich persönlich noch ein bisschen mehr freut, denn besitze nicht ein Stück Vinyl, wo Musik von mir drauf ist, was ich geschrieben habe.
Also hast Du Dir mit Carnal ghoul ziemlich viele Träume erfüllt?
(wird etwas nachdenklich) Ja, das kann man definitiv so sagen.
Eine Frage etwas abseits vom Protokoll, die ich allerdings bei den nächsten Interviews alle fragen werde: Wie hast Du die Nachricht vom Tode Jeff Hannemans aufgenommen?
Ich war total geschockt! Das war hart und ich habe es auch jedem beispielsweise über Facebook mitgeteilt, was da in mir vorging. Slayer haben uns und mich immer begleitet und Hanneman war halt echt der Typ, der maßgeblich für Slayer war. There’s no King without Hanneman. Die letzte Milking Show haben wir komplett ihm gewidmet. Vor ein paar Jahren hab ich mal mit einem guten Kumpel zusammen gesessen, Bier getrunken und in Erinnerungen geschwelgt. Da sagte er: Es wird noch eine harte Zeit werden wenn unsere Idole anfangen, irgendwann mal zu sterben. Und so langsam fängt es jetzt an…Pete Steele, Hanneman, ich darf da noch gar nicht dran denken, wie das vielleicht mal in 10 Jahren sein wird.