Alben des Jahres 2024

DIE Alben DES MONATS (03/25)

Aktuelle Reviews

Interviews

Tales from the hard side

Wir hörten früher gerne

So fing alles an


Aktuelle Meldungen

CD-Reviews A-D

CRYPTOSIS – Celestial Death (2025)

(9.413) Olaf (9,0/10) Progressive Thrash Metal


Label: Century Media
VÖ: 07.03.2025
Stil: Progressive Thrash Metal






Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen, dass die niederländische Band noch unter dem Namen Distillator in der Thrash-Metal-Szene wütete. Gegründet 2013 in Enschede, erspielte sich das Trio schnell einen Ruf als kompromisslose Speed/Thrash-Formation. Doch sieben Jahre und einige Veröffentlichungen später zogen Laurens Houvast (Gesang/Gitarre), Frank te Riet (Bass) und Marco Prij (Schlagzeug) einen mutigen Schlussstrich: 2020 legten sie den alten Bandnamen zu Grabe und tauften sich in Cryptosis um – ein Neustart, der einen stilistischen Kurswechsel einläutete. Schon das 2021er Debüt Bionic Swarm zeigte eine progressivere, futuristisch angehauchte Facette der Band und bewies, dass hier mehr als „nur“ Thrash im Spiel ist. Mich persönlich holte dieses erste Cryptosis-Album zwar noch nicht vollends ab, aber es legte den Grundstein für etwas Größeres. Nach der Zwischenstation in Form der EP The Silent Call meldet sich das Dreigespann nun mit dem zweiten Longplayer zurück – und der hat es in sich.

Mit Celestial Death kehren Cryptosis eindrucksvoll zurück und liefern einen mächtigen Nachfolger zu ihrem vielgelobten Debüt ab. Das neue Werk umfasst elf Tracks in gut 42 Minuten und schickt die Hörer auf eine dunklere, härtere und melodischere, dabei geradezu filmreife Reise durch das All der Extreme. Die Band knüpft zwar an den Grundkurs von Bionic Swarm an, aber man merkt sofort: Hier wurde an allen Stellschrauben gedreht. Celestial Death klingt bombastischer, dramatischer – als hätte man dem ohnehin schon ambitionierten Sound des Vorgängers noch eine Extraportion Adrenalin und Atmosphären-Boost verpasst. Verantwortlich dafür ist nicht zuletzt die hochkarätige Produktion: Fredrik Folkare (UnleashedNecrophobic u.a.) sorgte für einen druckvollen Mix, und Tony Lindgren (Fascination Street Studios) hat dem Material den letzten klanglichen Feinschliff verpasst. Das Ergebnis kann sich hören lassen: jedes Instrument sitzt klar im Gefüge, und doch wirkt der Gesamtsound wie eine gigantische Welle, die einen überrollt. Passend zum kosmischen Konzept glänzt auch das Cover-Artwork (erneut geschaffen von Eliran Kantor) – es zieht mit seinem futuristisch-apokalyptischen Motiv bereits das Auge in die Atmosphäre dieses Albums, noch bevor man eine Note gehört hat.

Man muss sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass Cryptosis nur aus drei Musikern bestehen. Was das niederländische Trio hier auffährt, lässt so manche fünfköpfige Band erblassen. Gitarrist und Sänger Laurens Houvast feuert Riffs ins Weltall, die mal messerscharf thrashend, mal dissonant und progressiv daherkommen. Sein keifender Gesang erinnert an die raue Schule des Thrash und grenzt streckenweise fast an Black-Metal-Wahnsinn – aggressiv, aber verständlich und mit charakteristischem Timbre. Drummer Marco Prij treibt die Songs mit Präzision und unbändiger Energie voran, als hätte er ein Warp-Triebwerk im Rücken: Tempowechsel und vertrackte Rhythmen meistert er scheinbar mühelos, doch auch für groovende Midtempo-Passagen nimmt er sich Raum, wenn es der Dramaturgie dient. Den perhaps auffälligsten Part übernimmt jedoch Bassist Frank te Riet: Sein Bass brummt und hämmert nicht nur im Tiefton-Fundament, sondern sorgt mit prägnanten Läufen und Akzenten immer wieder für Aha-Momente – man lauscht gespannt, was der Viersaiter als Nächstes zaubert.

Doch damit nicht genug: Frank bedient obendrein Mellotron und Synthesizer, die auf Celestial Death allgegenwärtig sind. Diese zusätzlichen Klangschichten reichen von schwebenden Chören und orchestralen Strukturen bis zu unheimlichen Sci-Fi-Effekten und verleihen dem Album eine epische Breite. So entsteht eine dichte, vielschichtige Soundwand, bei der man kaum glauben kann, dass hier „nur“ drei Leute am Werk sind. Kurz gesagt: Cryptosis demonstrieren eindrucksvoll, wie gewaltig ein Trio klingen kann – als hätten sie ein ganzes Orchester im Rücken. Und trotzdem bleibt die Musik knackig und auf den Punkt, ohne in überladene Beliebigkeit abzugleiten.

Celestial Death ist nicht einfach nur eine Ansammlung von Songs, sondern fühlt sich wie ein in sich geschlossenes Konzept an – fast wie der Soundtrack zu einem dystopischen Sci-Fi-Thriller. Tatsächlich sind die Tracks konzeptionell verbunden: Jeder der (hauptsächlich neun) Songs erzählt aus der Perspektive eines anderen Individuums, das Schwierigkeiten hat, von unserer Gegenwart in eine futuristische Welt überzutreten. Themen wie rasant fortschreitende Technologien (Stichwort KI), gesellschaftliche Umwälzungen und sogar die Idee einer digitalen Unsterblichkeit schimmern durch die Texte hindurch. Dieser inhaltliche Überbau verleiht dem Album eine gedankliche Tiefe, die zur düsteren Klangatmosphäre hervorragend passt.

Cryptosis erschaffen Klanglandschaften, die mal bedrohlich und kalt wirken wie der leere Weltraum, dann wieder hoffnungsvoll strahlen oder mystisch verklären. Besonders die Instrumentalstücke unterstreichen den cineastischen Charakter: Der eröffnende Prolog “Awakening“ und das Zwischenstück “Motionless Balance“ setzen ganz auf sphärische Synthesizer und Choräle, um den Hörer ins Geschehen hineinzuziehen, während das abschließende “Coda – Wander into the Light“ das Album stimmungsvoll ausklingen lässt. Diese Zwischenspiele wirken wie musikalische Szenenwechsel in einem Film und geben Celestial Death einen dramaturgischen Rahmen. Doch keine Sorge – trotz aller Atmosphäre haben Cryptosis ihre extremen Wurzeln nicht vergessen.

Stücke wie “Faceless Matter“ oder “Ascending“ preschen über weite Strecken gnadenlos nach vorn und liefern messerscharfe Riffs en masse. Andere Tracks wiederum, etwa “Reign Of Infinite“, beginnen mit Hochgeschwindigkeits-Angriffen, um dann Platz für schaurig-schöne Keyboard-Flächen zu machen, die einem Science-Fiction-Horrorfilm alle Ehre machen. Hier zeigt sich das Gespür der Band für Dynamik – Celestial Death bietet sowohl brachiale Headbanger-Momente als auch Gänsehaut-Ambiente. Das Album pendelt gekonnt zwischen Aggression und Epik, zwischen irdischer Härte und kosmischer Weite. Genre-Schubladen spielen dabei keine Rolle: Thrash Metal bildet zwar das Rückgrat, aber Einflüsse aus Melodic Death, Black Metal und Progressive Metal sind überall herauszuhören. Dieser Cocktail macht den Reiz des Albums aus – Space Thrash, wenn man so will, in seiner vielleicht schönsten Form.

Mit Celestial Death katapultieren sich Cryptosis endgültig in eine eigene Umlaufbahn jenseits starrer Genre-Grenzen. Das Album zeigt auf eindrucksvolle Weise, dass drei Leute und eine gehörige Portion Kreativität ausreichen, um ein ganzes Universum an Sound zu erschaffen. Hier trifft technische Brillanz auf visionäre Atmosphäre – ein Spagat, den nur wenige so überzeugend hinbekommen, und schon gar nicht mit dieser Leichtigkeit. Celestial Death ist zum Sterben schön (im wahrsten Sinne des Wortes): ein himmlischer Hörgenuss voller tödlicher Riffs und galaktischer Melodien. Wenn der Tod so himmlisch klingt, darf er ruhig kommen – aber bitte erst, nachdem ich dieses Album noch ein paar Mal genossen habe.


Bewertung: 9,0 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Prologue-Awakening
02. Faceless Matter
03. Static Horizon
04. The silent Call
05. Ascending
06. Motionless Balance
07. Reign of Infinite
08. Absent Presence
09. In between Realities
10. Cryptosphere
11. Coda-Wander into the Light
12. Geometry of a digital Thought 




FESTIVAL TIPS



SOCIAL MEDIA

Album der Woche

Album des Monats

Album des Jahres

MERCH

70.000 Tons 2024

The new breed

GROTESQUE GLORY

mottenkiste

P P P

ZO SONGCHECK

V.I.P.

wo wir sind

alter Z.O.F.F.

Unsere Partner

Join the Army

Damit das klar ist