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INFEST – Ambassadors of Aggression (2025)

(9.835) Olaf (8,3/10) Death Metal


Label: Violent Creek
VÖ: 26.09.2025
Stil: Death Metal






Ich habe INFEST zwar noch nie live gesehen, aber allein die Vorstellung reicht schon, um den Schweiß auf der Stirn zu spüren: drei Typen, null Glamour, aber die Sorte Blick, die sagt „heute wird nicht diskutiert, heute wird zerstört“. Diese serbische Death-Thrash-Maschine kommt seit Jahren ohne großes Tamtam aus – und genau das ist ihr Pfund. „Ambassadors of Aggression“, Album Nummer sieben, trägt den Habitus im Titel: Statt Diplomatie gibt’s Vorladung zum Pit. Und doch: Hinter der martialischen Fassade steckt mehr Feinsinn und Handwerk, als man dem Trio auf den ersten Blick zutrauen würde.

Schon der Opener Ambassadors of Aggression markiert die Koordinaten: messerscharfes Riffing, präzise Staccato-Chugs, dazu Drums, die nicht einfach ballern, sondern den Songs Luft und Dynamik lassen. Are you with me knüpft daran an, aber mit einem Refrain, der nicht nur brüllt, sondern klebt – ohne in Melodic-Kitsch zu kippen. Die Stärke von INFEST war immer diese Gratwanderung zwischen roher Härte und kalkulierter Wirkung, und das ziehen sie hier konsequent durch. Wo viele Death-Thrash-Alben nach drei Songs in der Einheitsfräse landen, baut die Band kleine dramaturgische Stufen ein: Tempowechsel, kurze Stop-and-Go-Momente, Lead-Figuren, die nicht bloß verzierte Skalen sind, sondern Kontrapunkte im Arrangement setzen.

Besonders spannend: Bolje da Umrem in Landessprache. Der Wechsel ins Serbische verleiht der Nummer eine Härte, die nicht aus dem Amp kommt, sondern aus der Kehle. Die Konsonanten klacken, die Silben hacken – plötzlich wird aus „Fury“ so etwas wie „Zorn mit Adresse“. Für mich einer der identitätsstiftenden Momente der Platte, weil er die Herkunft der Band nicht nur erwähnt, sondern zum Stilmittel macht. Gleich daneben entfaltet Requiem for the Balkans seine Wucht: kein folkloristisches Augenzwinkern, sondern schweres, marschartiges Midtempo, in dem die Gitarren wie Grabplatten schichtenweise übereinandergelegt werden. Wenn INFEST das Tempo drosseln, wirkt der Sound noch bedrohlicher – und genau das ist eine der „neuen“ Farben, die dem Album gut stehen.

Produktionstechnisch ist das eine klare Sache: Gitarren aus den Vortex Studios in Belgrad – trocken, bissig, ohne Plastikfilm; Drums aus den renommierten Citadela Studios – natürlich, mit kernigen Toms und Becken, die nicht zischeln, sondern atmen. Gemischt mit Sinn für Durchhörbarkeit (Bass ist da, wo er hingehört: im Bauchraum und im Riff) und veredelt von Dan Swanö, dessen Master die Platte zusammenklebt, ohne sie totzuczementieren. Ergebnis: modern, druckvoll, aber nicht totkomprimiert. Das Artwork von Roberto Toderico macht den Sack zu: kein generischer Schädel-Collagebrei, sondern eine Szenerie, die genau den Ton des Albums trifft – Würde im Sturmgewehrfeuer, um es mal polemisch zu sagen.

Songwriterisch merkt man INFEST ihre Routine an. Zoran „Vandal“ Sokolovic phrasiert seine Vocals rhythmisch so, dass sie mit den Riffs sprechen, nicht dagegen anschreien. Rodoljub „Storm“ Raickovic hält die Brücke mit einem Bass, der mehr ist als „Doppelung der Gitarre“ – oft ist er das Scharnier, wenn die Gitarren kurz in Leads zerfasern. Und Zoran „Zombie“ Dragojevic trommelt mit diesem seltenen Gespür für „Intensität ≠ Lautstärke“: Blast, wenn nötig; Haken, wenn’s wirkt; Groove, wenn er trägt. Gerade in Songs of Violence und Shoot to Kill zeigt sich das: Der Beat zieht vor, stoppt, zieht wieder an – und die Riffs legen sich wie Rasierklingen in den Zwischenraum. Dazu immer wieder kleine Harmonien im oberen Register, die anstelle eines „großen Refrains“ subtile Erinnerungsanker setzen.

Und doch, Hand aufs Herz: So stark „Ambassadors of Aggression“ ist – es zündet für mich einen Hauch weniger spontan als der Vorgänger. Das liegt nicht an mangelnder Qualität, sondern an der Anlage: Die neuen Stücke sind strukturreicher, vielfach verschachtelter, mit mehr „if/then“-Kurven in den Arrangements. Das ist spannend, braucht aber ein, zwei Durchläufe mehr, bis sich die Hooks blutig festgebissen haben. Wenn es dann klickt, belohnt die Platte mit Tiefe statt bloßer Schlagzahl. Fairerweise: Genau so klingt Weiterentwicklung. Und wenn man sich in der Death-Thrash-Nische bewegen will, ohne im eigenen Schatten zu erfrieren, ist das der einzig sinnvolle Weg.

Der ganze Rahmen passt: Neuer Label-Hafen bei Violent Creek Records, das selbstbewusste „We Are Legion“-Motto als Klammer, eine Band, die nicht den zehnten Aufguss kocht, sondern ihr Rezept verfeinert. Dazu diese unangestrengte Sympathie, die INFEST live wie im Gespräch ausstrahlen: keine Rockstardiva, sondern Arbeiter am Amboss. Verdammt gute Musiker, stark produziert, mit interessanten Songstrukturen – und einer klaren Haltung: Aggression ist für sie kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug zur Formgebung.

„Ambassadors of Aggression“ ist der Beweis, dass INFEST nicht vom Gas gehen, sondern die Straße besser lesen. Mehr Zwischentöne, mehr architektonisches Denken, gleichbleibend hohe Durchschlagskraft. Vielleicht nicht ganz so unmittelbar wie der Vorgänger, aber nachhaltiger in der Wirkung. Wer Death-Thrash mit Hirn, Herz und Handwerksstolz sucht, bekommt hier genau das – plus ein paar frische Narben für die Playlist.

Anspieltips
🔥Man-God
🎸Bolje da Umrem
☠️Requiem for the Balkans


Bewertung: 8,3 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Ambassadors of Aggression
02. Are you with me
03. Bolje da Umrem
04. Man-God
05. Requiem for the Balkans
06. Screaming your Name
07. Seeds of Corruption
08. Shoot to Kill
09. Songs of Violence
10. Winds of Despair 




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