SKUNK ANANSIE – The painful Truth (2025)
(9.600) Olaf (7,0/10) Pop Rock

Label: FLG
VÖ: 23.05.2025
Stil: Pop Rock
Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster: Jeder kennt Hedonism. Auch wenn du mit Metal sozialisiert wurdest, 1996 lieber in den Proberäumen von Bolt Thrower versackt bist oder deine erste Kutte mit Cannibal Corpse bestickt war – irgendwo im Hinterkopf hat sich dieser Song eingenistet. Zwischen Girl, Gitarre, Gefühl. Und ja, auch ich war dieser Teenie, der sich heimlich eingestand: Diese Stimme, diese Präsenz, dieses Skin… war etwas ganz Besonderes. Und ist es bis heute geblieben.
Eine Band mit Haltung, Geschichte und einem gewissen Trotz im Rückgrat
SKUNK ANANSIE sind keine gewöhnliche Rockband. Das waren sie nie. Schon in den 90ern schmissen sie nicht einfach ein paar Crossover-Riffs in den Mixer, sondern schrieben Musik mit Haltung, Attitüde und Intelligenz. Weak, Secretly, Charlie Big Potato – alles Songs, die nicht nur im Ohr, sondern auch im Hirn bleiben. Drei Kult-Alben mit Gold- und Platinstatus pflastern den Weg dieser Band. Und trotz Ruhm, Glastonbury-Headliner-Spot und Mandela-Auftritt ist Skin nie zur Diva geworden – sondern zur Ikone mit Ecken, Kanten und Substanz.
Dass nun, fast 30 Jahre nach Paranoid & Sunburnt, ein neues Album erscheint, ist nicht einfach nur eine weitere Veröffentlichung im Jahresplan. Es ist ein Statement. Eine Wucht. Und vor allem: ein Selbstbekenntnis. The Painful Truth ist nicht einfach ein Comeback, sondern ein kraftvoller Mittelfinger gegen die Verklärung der Vergangenheit.
The painful Pop-Rock-Truth: Ja, es ist poppig. Und trotzdem stark.
Machen wir uns nichts vor: Wer auf der Suche nach schweißgetränkter Rock’n’Roll-Riffgewalt ist, wird sich hier und da wundern. Die Gitarren sind oft zurückhaltend, der Bass groovt eher dezent, und das Schlagzeug spielt lieber tanzbar als brachial. Pop statt Rock? Teilweise, ja. Aber was für ein Pop! Intelligente Arrangements, scharfe Hooks, hypnotische Melodien und über allem: Skins Stimme, die selbst Telefonbücher in Dramen verwandeln könnte.

Die Produktion von David Sitek ist modern, aufgeräumt, aber nicht steril – sie lässt Raum für Atmosphäre, lässt die Songs atmen. Besonders Tracks wie Lost and Found, An Artist Is An Artist oder Cheers zeigen, wie zeitgemäß und doch zeitlos SKUNK ANANSIE klingen können. Zwischen all der Eingängigkeit schimmern immer wieder kleine Abgründe durch: Verlust, Zweifel, gesellschaftliche Beobachtung. Das klingt manchmal schmerzhaft ehrlich – und genau so soll es sein.
Es ging ums Ganze – und das hört man
Was die Band im Pressetext fast beiläufig erwähnt, ist in Wirklichkeit der emotionale Kern dieser Platte: Es ging ums Überleben. Persönlich, künstlerisch, zwischenmenschlich. Das Album entstand in einer Zeit der Unsicherheit, nach Krankheit, Abschieden und kreativen Sackgassen. Das merkt man nicht an jedem Takt – aber man spürt es zwischen den Zeilen. The Painful Truth ist nicht nur ein Albumtitel, sondern eine Erfahrung, die hier in elf Songs gegossen wurde.
Fazit: Zwischen Pop und Pathos liegt die Kraft
Natürlich ist The Painful Truth kein reines Rockalbum im klassischen Sinne. Es ist zu melodisch, zu durchdacht, zu weich an manchen Stellen. Aber es ist ein mutiges, gereiftes und zutiefst persönliches Album. Und eine Erinnerung daran, warum SKUNK ANANSIE eine der wichtigsten britischen Bands der letzten drei Jahrzehnte geblieben sind. Skin singt nicht nur – sie erzählt, protestiert, erinnert, kämpft. Und das macht sie besser denn je. Auch wenn es stellenweise fast zu glatt wirkt – dieses Album läuft einfach verdammt gut rein.
Und an alle Metaller, die sich fragen, was das auf unserer Seite zu suchen hat: Vielleicht, weil Relevanz nichts mit Doublebass zu tun hat. Sondern mit Haltung. Und die hat diese Band im Überfluss.
Bewertung: 7,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. An Artist is an Artist
02. This is not your Life
03. Shame
04. Lost and Found
05. Cheers
06. Shoulda been you
07. Animal
08. Fell in Love
09. My greatest Moment
10. Meltdown