Wenn man bedenkt, wie lange das vierte Album in der Warteschleife hing kommt es nun fast einem Wunder gleich, dass die Brüder Kris und Dario nun endlich am 22.08.2014 ihr selbstbetiteltes Scheibchen unter die Massen streuen. Besetzungswechsel, ein nicht der Zufriedenheit entsprechender Mix und einige andere businesstechnische Unwegsamkeiten führten dazu, dass man erst jetzt in den Genuss der 13 neuen Songs gelangt, die allerdings zeigen, dass sich das Ausharren durchaus gelohnt hat.
Mit einem mächtigen Bumms ausgestattet startet das Album mit „Run or fight“, einem etwas orientalisch angehauchten Mitgeh-Rocker, der ziemlich fett den Takt vorgibt, den der Ohrwurm „Feed on me“ locker halten kann und Vlad in Tears so zeigt wie sie sind: geradeaus, düster angehaucht und zuweilen fast schon härter, als die oft von mir als Vergleich herangezogenen Finnen von HIM. Da schlägt das nun folgende „Die today“ in eine andere Kerbe, denn hier wird nun deutlich, warum viele Fans und / oder Schreiberlinge den Mannen aus Italien mit Wohnsitz in Berlin eine gewisse Nähe zu Rob Zombie attestieren. Auch dieser Song erwirbt sich das Prädikat „mehr als hörenswert“, bevor es mit den beiden etwas ruhigeren „Glad to be dead“ und „Burning bright“ spannungstechnisch ein klein wenig bergab geht und das Album somit eine gewisse Länge bekommt, die nach den ersten vier Songs nicht unbedingt zu erwarten war. Ebenso passt für mich persönlich (die Fans, von denen VIT eine ganze Menge haben, werden es selbstverständlich komplett anders sehen…) das Elektrogepolter mit dem Bandnamensgebenden Titel nicht ganz ins Konzept, doch das der Song dennoch geht, beweist die Liveversion am Ende des Albums, wo dieser vollkommen anders klingt und dann doch zu gefallen weiß.
Leider bestätigte sich dann so ein wenig meine Befürchtungen, denn mit dem durchaus ansprechenden langsamen Beat bei „After life“ und dem nicht gerade für Kurzweil sorgenden „Your sign“ bekommt das Album in der Mitte tatsächlich Längen, die es so nicht hätte unbedingt haben müssen. Dafür geht dann „Kiss my soul“ wieder rockiger zur Sache und sorgt für Bewegung im Tanzbein, während „Bleed out“ als Ballade vielleicht an andere Stelle hätte platziert werden können, dennoch mehr als ansprechend durch die heimische Stereoanlage waberte. „Fade away“ und „No time to die“ haben dann wieder etwas mehr Drive und leiten über in die ureigene, VIT-Interpreation des Frank Sinatra Klassikers „My way“, bei dem man sich nun vortrefflich streiten kann, ob Frankie Boy nun rotierend in seinem Grabe unterwegs ist, oder diese Neuvertonung durchaus das Zeug zum Klassiker hat. Ich tendiere zu zweitgenannten, denn alleine für den Mut, diesen Klassiker so zu interpretieren, verdienen sich die Jungs Lob und Anerkennung.
Die von der Fachpresse im Vorfeld so oft als Vergleich herangezogenen Korn, Marilyn Manson oder Rob Zombie finden sich in meinen Augen nur vereinzelt auf dem Album wieder, welches frisch, unverbraucht und herrlich unaufgeregt der Band viel Lob einbringen dürfte. Auch ich, der normalerweise gar nicht so auf die Mucke besagter Bands abfährt, ertappte mich mehrfach dabei, wie ich den Takt des jeweiligen Songs angemessen auf die Schreibtischplatte einhämmerte. Vielleicht hätte das Album zum Anfang des Sommers besser gepasst, denn konträr zur düsteren Stimmung, die Vlad in Tears mit größter anzunehmender Wahrscheinlichkeit erzeugen wollten, eignen sich viele Songs der Scheibe auch hervorragend dazu, bei heruntergelassener Autoscheibe mächtig abzuposen. Interessant!
Bewertung: 7,5 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Run or fight
02. Feed on me
03. Die today
04. Glad to be dead
05. Burning bright
06. Vlad in tears
07. After life
08. Your sign
09. Kiss my soul
10. Bleed out
11. Fade away
12. No time to die
13. My way
14. Vlad in tears (Live)
VLAD IN TEARS (2014)
"Vlad in tears" (1.039)
