Label: The Crawling Chaos Records
VÖ: 06.12.2019
Stil: Atmospheric Black Metal
Dunkle, wahrhaftig bedrohliche Wolken ziehen schleppend über dem Münsterland auf…..die Zeit scheint reif, um der Fortsetzung der WINTERMELODEI in der Sputnikhalle zu Münster beizuwohnen, wo es am Samstag, dem 07.12.19, erneut eine exquisite Auswahl an schwarzen Kapellen zu bestaunen gibt. Mit dabei, Äera, eine erst in 2019 gegründete Band aus dem direkten Umland, genauer gesagt aus Gronau.
Aus dem Nichts empor gestiegen, da fragt man sich, wofür stehen Äera in dieser ungemütlichen, biederen und kalten Jahreszeit, wo uns nur wenig Tageslicht erreicht und die Sinne erhellt? Was machen wir Menschen in dieser Zeit? Viele bereiten sich auf die festlichen Tage vor, besuchen Weihnachtsmärkte die schon aus der Ferne hell erleuchten, strahlend erscheinen……..“Schein“, so schimpft sich auch das Debüt dieser neuen Band aus den Tiefen Westfalens, die thematisch von der Entfremdung der Menschheit durch veränderte und neuartige Lebensweisen zu berichten weiß, in ihren Texten über Schmerz, Angst, Einsamkeit oder gar den Verlust der Menschheit und der Natur sinniert.
„Schein“ fühlt sich wie ein unendlicher Schrei an, eine Offenbarung vor dem „Hier und Jetzt“, nüchtern betrachtet, von der von Selbstzweifeln geplagten Seele eines jeden Einzelnen……atmosphärisch dicht verpackt, in zerrissenen Tüchern gehüllt, der Kälte trotzend……stehen Äera für Black Metal der voller Intensität an dir zerrt, dich schonungslos fordert, auch in stilleren Momenten, wo die Band eine ihrer vielen Stärken unter Beweis stellen kann.
Wenn die ersten Winde („Feuers Gabe“) erklingen, beginnt dieser exzentrisch, apokalyptische Albtraum, der dich von der ersten bis zur letzten Sekunde hinter sich her zieht. Die teils monotonen Passagen, die auf stets sich verändernde Rhythmen treffen wirken dabei wie Dolchstöße, wie Flammen im Wind, in der absoluten Dunkelheit. Stimmlich liefert Milan, der gleichzeitig auch als Bassist in Erscheinung tritt, ein gutturales Statement ab. Ausgesprochen klar, dominant, sich den wechselnden Stimmungsbildern anpassend, liefert der Sänger von keifenden bis hin zu schreienden Passagen eine erstklassige Performance ab.
Imposant erscheint auch das Verständnis für Melodien. Einerseits spielen die Jungs den Faktor der direkten Bedrohung wie in dem Song „Silhouette“ zelebriert, schonungslos aus, auf der anderen Seite werden immer wieder weiche Klangfolgen eingestreut, die eine Art von Mut oder Hoffnung beim Hörer schüren. Mit den Gefühlen spielen, das erreicht die Band durch ständige Rhythmuswechsel, mal geht es eindringlicher zur Sache, mal entgleisend oder gar von der Kälte zerfressen, schleppend und in tiefster Trauer.
Wenn wie in dem Song „Heimkehr II – Im Nebel“ ein Sprachsample (Im Nebel – Hermann Hesse) erklingt, spüren wir, die Stunde 0 scheint nicht mehr weit zu sein. Der ganze Song konstruiert ein Sinnbild von Einsamkeit, Hilflosigkeit, Zorn, Wut und beschreibt das Wesen dieses Werkes eindrucksvoll in nur einem einzigen Song.
Was für eine Überraschung! Die Jungs aus dem Münsterland liefern mit „Schein“ ein fulminantes Debüt ab, welches in Sachen Atmosphäre sich hinter keiner schwarzen Kapelle verstecken muss. Vieles richtig gemacht und mit dem Heimvorteil bei der WINTERMELODEI dürfte das Quartett für reichlich Aufmerksamkeit sorgen. In bester Gesellschaft mit Bands wie Gaerea, Beltez oder Winterfylleth dürfte ein großartiges Happening anstehen! Für Fans der Szene besteht so oder so Handlungsbedarf!
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Feuers Gabe
02. Auf kargem Grunde
03. Silhouette
04. Heimkehr I - Ruin
05. Heimkehr II – Im Nebel